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Patent Searching and Data


Title:
CARBOPLATIN-TYPE PLATINUM (II) COMPLEXES
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2004/099224
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to carboplatinum derivatives, medicaments containing said derivatives and to the use of the carboplatinum derivatives in the production of medicaments for tumour therapy.

Inventors:
BRUNNER HENRI (DE)
GRUBER NICK (DE)
Application Number:
PCT/EP2004/004680
Publication Date:
November 18, 2004
Filing Date:
May 03, 2004
Export Citation:
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Assignee:
UNIV REGENSBURG (DE)
BRUNNER HENRI (DE)
GRUBER NICK (DE)
International Classes:
C07F15/00; (IPC1-7): C07F15/00; A61K31/282
Other References:
DATABASE CHEMABS [online] CHEMICAL ABSTRACTS SERVICE, COLUMBUS, OHIO, US; PASHKOVSKII, F. S. ET AL: "General approach to synthesis of carboplatin analog containing fragments of carboxylic fatty acids in acid ligand", XP002295340, retrieved from STN Database accession no. 2002:940369
DATABASE CHEMABS [online] CHEMICAL ABSTRACTS SERVICE, COLUMBUS, OHIO, US; HANESSIAN, STEPHEN ET AL: "Design and synthesis of a cephalosporin-carboplatinum prodrug activatable by a .beta.-lactamase", XP002295341, retrieved from STN Database accession no. 1994:22366
Attorney, Agent or Firm:
PFENNING, MEINIG & PARTNER GbR (München, DE)
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Claims:
Patentansprüche
1. Carboplatinderivate der allgemeinen Formel I mit R1 bis R6 unabhängig voneinander H, F, Cl, Br, I, OH, oR7 mit R7 = Alkyl, Aryl, Acetyl oder Acyl, CnF2n+1, mit n = 1 bis 6, wobei mindestens einer der Reste Rl bis R6 nicht gleich H, R8und R9 unabhängig voneinander NH3, NH2R10 mit R10 = Alkyl, Aryl, rac1, 2Diaminocyclohexan, RR1, 2Diaminocyclohexan, SS1,2Diaminocyclohexan, H2NCHR11CHR12NH2 mit R11 und R12 unabhängig voneinander Alkyl, Aryl, C5H4NCHR13NH2 mit R13 = H, Alkyl, Aryl oder 1, 1'Bipyridyl sind.
2. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass Rl Cl und R2 bis R6 H sind.
3. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R1 = OH und R2 bis R6 = H sind.
4. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R1 = OR' mit R' = Alkyl, A ryl, Acetyl oder Acyl und R2 bis R6 = H sind.
5. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R1 = F und R2 bis R6 = H sind.
6. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R1 = Br und R2 bis R6 = H sind.
7. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass Rl I und R2 bis R6 = H sind.
8. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R1 = CnF2n+1 mit n = 1 bis 6 und R2 bis R6 = H sind.
9. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R1 und R2 nicht gleich H und R3 bis R6 = H sind.
10. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R3 = Cl und R1, R2, R4 bis R6 = H sind.
11. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R3 = F und Rl, R2 und R4 bis R6 = H sind.
12. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R3 = CnF2n+1 mit n = 1 bis 6 und Rl, R2, sowie R4 bis R6 = H sind.
13. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R3 und R4 = Cl sowie R1, R2, R5 und R6 = H sind.
14. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R2 und R3 = F sowie R1, R2, R5 und R6 = H sind.
15. Carboplatinderivate nach Anspruch 1, dadurch ge kennzeichnet, dass R2 und R3 = CnF2n+1 mit n = 1 , bis 6 und Rl, R2, Rs und R6 = H sind.
16. Arzneimittel enthaltend ein Carboplatinderivat nach einem der Ansprüche 1 bis 15 und geeignete Träger und Hilfsstoffe.
17. Verwendung der Carboplatinderivate nach einem der Ansprüche 1 bis 15 zur Herstellung eines Arzneimittels für die Tumortherapie.
Description:
Carboplatin-artige Platin (II)-Komplexe Die zytostatische Wirkung von cis-Diammin (dichlo- ro) platin (II) (Cisplatin), eines aufgrund der d8- Konfiguration des Metalls quadratisch-planaren Kom- plexes, wurde in den sechziger Jahren durch Zufall von B. ROSENBERG entdeckt. Er untersuchte den Ein- fluss schwachen Wechselstroms auf das Wachstum von Escherichia coli-Bakterien und verwendete dazu scheinbar inerte Platinelektroden. Das Ergebnis war eine Hemmung der Zellteilung ohne gleichzeitige Inhi- bition des Bakterienwachstums, was zur Bildung lan- ger, fadenförmiger Zellen führte. Im Laufe der Unter- suchungen stellte sich heraus, dass nicht der elekt- rische Strom selbst, sondern die in Spuren durch Oxi- dation der Platinelektrode gebildeten cis-konfigu- rierten Chlorokomplexe wie cis-Diammin (dichloro) pla- tin (II) ("Cisplatin") oder cis-Diammin (tetrachlo- ro) platin (IV) für diesen biologischen Effekt verant- wortlich waren.

Das seit 1978 zugelassene Cisplatin wird als Einzel- präparat oder in Verbindung mit anderen, synergis- tisch wirkenden Zytostatika wie Bleomycin, Vinblas- tin, Methotrexat, Adriamycin, Cyclophosphamid, Doxo- rubicin oder Ethidiumbromid gegen Hoden-, Ovarial-, Blasen-und Lungenkarzinome sowie gegen Tumore im Hals-Kopf-Bereich eingesetzt. Die deutlich gesunkene Mortalität bei Hoden-und Blasenkrebs ist zumindest teilweise auf die bis über 90 % angestiegenen Hei- lungschancen für diese Tumorarten zurückzuführen.

Die Cisplatin-Therapie ist in der klinischen Anwen- dung mit einer Reihe gravierender Nebenwirkungen ver- bunden. Das intravenös verabreichte Cisplatin führt zu unmittelbaren Nebenwirkungen wie Beeinträchtigun- gen des Gastrointestinalbereichs (Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen), Nephrotoxizität (nierenschädi- gende Wirkung), Ototoxizität (Gehörschädigung), Mye- lotoxizität (knochenmarkschädigende Wirkung) und pe- ripheren Neuropathien (Schädigung peripherer sensib- ler Nerven) sowie psychischen Belastungen. Die toxi- kologische Wirkung von Cisplatin beruht hauptsächlich auf der Koordination von Platin an Thiolgruppen von Proteinen. Der dosislimitierende Faktor ist heute vor allem die Myelotoxizität, da die starke Nephrotozität durch zusätzliche Gabe von Schwefelverbindungen, wie Thioharnstoff oder Natriumdiethyldithiocarbamat, so- wie durch Hydration und Mannitol-induzierte Diurese verringert werden kann, weil die renale Ausscheidung von Platinverbindungen beschleunigt wird. Um Übelkeit und Erbrechen abzumildern, werden Antagonisten von Dopamin und Serotonin verabreicht, und Schwefelver- bindungen wie Glutathion können neurotoxische Effekte reduzieren.

Problematisch beim klinischen Einsatz von Platinver- bindungen ist auch die in den Tumorzellen auftretende Wirkstoffresistenz bei längeren Therapieanwendungen.

Man diskutiert verschiedenste Mechanismen der Resis- tenzentwicklung, wie Veränderungen des transmembranen Transports von Cisplatin, Deaktivierung von Cisplatin durch intrazelluläre Thiole wie Glutathion oder Me- tallothionein, verbesserte DNA-Reparaturfähigkeit, Beeinflussung der Aktivität der Proteinkinase, Varia- tionen im Folat-Metabolismus und in der Expression von Onkogenen.

Als bestes Analogon zu Cisplatin erwies sich bisher Carboplatin (US 4,657, 927), das seit 1990 auf dem Markt ist. Carboplatin zeigt eine mit Cisplatin ver- gleichbare Wirksamkeit bei Ovarial-, Bronchial-und Zervix-Karzinomen sowie Kopf-und Halstumoren. Ein wesentlicher Vorteil von Carboplatin liegt in der er- heblich reduzierten Nephrotoxizität, die im angewen- deten Dosisbereich keine Rolle mehr spielt, einem ge- ringeren emetischen Potenzial, d. h. Verminderung von Übelkeit und Erbrechen, und der verringerten-Neuroto- xizität und Ototoxizität. Dies wird allerdings mit einer stärkeren Knochenmarktoxizität und damit ein- hergehender Thrombozytopenie und Leukozytopenie er- kauft. Diese Myelotoxizität ist für Carboplatin do- sislimitierend. Im Unterschied zu Cisplatin trägt Carboplatin als Abgangsgruppe die 1,1-Cyclobutan- dicarbonsäure und ist damit gegenüber Hydrolyse sta- biler. Die nicht koplanare Struktur von Carboplatin aufgrund des tetraedrisch konfigurierten Spiro-Koh- lenstoffatoms führt möglicherweise zu einem vermin- derten Abbau zu schädigenden Derivaten. So beträgt die Halbwertszeit im Blutplasma bei 37 °C für Car- boplatin 30 Stunden, für Cisplatin jedoch nur 1,5 bis 3,6 Stunden (S. Hanessian, J. Wang, Can. J. Chem.

1993,71, 896).

Cisplatin Carboplatin In US 4,657, 927 wurden Platin (II) malonatokomplexe mit der Formel [Pt (II) Ax (OOC) 2_CRRZ] beschrieben, wobei A aus NH3-Gruppen (x = 2) und R bzw. R1 jeweils aus H- Atomen, Alkyl-, Aryl-, Aralkyl-, Alkenyl-, Cycloalke- nyl-, Alkoxy-oder OH-Gruppen bestehen können bzw. R und R1, mit dem C-Atom derartig kombiniert werden können, dass Cycloalkyl-oder Cycloaklenylgruppen und deren substituierte Derivate gebildet werden. Ein Cl- und OH-substituierter Cycloalkylrest, findet keine Erwähnung.

Ausgehend hiervon ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung neue Carboplatinderivate anzugeben, die insbesondere in der Tumortherapie eingesetzt werden können und die wirksamer sind als die bisher bekann- ten.

Diese Aufgabe wird durch die Carboplatinderivate mit dem Merkmal des Anspruchs 1, Carboplatin enthaltende Arzneimittel mit den Merkmalen des Anspruchs 16 und die in Anspruch 17 beschriebene Verwendung gelöst.

Erfindungsgemäß werden Carboplatinderivate der allge- meinen Formel I mit R1 bis R6 unabhängig voneinander H, F, Cl, Br, I, OH, OR'mit R- Alkyl, Aryl, Acetyl oder Acyl, CnF2n+1, wobei mindestens einer der Reste R1 bis R6 nicht gleich H ist, R8 und R9 unabhängig voneinander NH3 ; NH2R10 mit R10 = Alkyl, Aryl, rac-1, 2-Diaminocyclohexan, RR-1, 2-Diaminocyclohexan, SS-1,2-Diaminocyclohexan, H2N-CHRll-CHRl2-NH2 mit R1l und R12 unab- hängig voneinander Alkyl, Aryl, C5H4N-CHR13-NH2 mit R13 = H, Alkyl, Aryl oder 1, 1'-Bipyridyl bereitgestellt.

Weitere bevorzugte Verbindungen sind den Ansprüchen 2 bis 15 zu entnehmen.

Die Erfinder konnten nun überraschenderweise zeigen, dass durch Einführung von Elektronen-anziehenden Sub- stituenten wie z. B. Halogenen oder Hydroxylgruppen in Carboplatin das Wirkprofil derartiger Carboplatin- derivate im Vergleich zu Cisplatin und Carboplatin deutlich verbessert wird.

Besonders bevorzugt ist, wie aus den nachfolgenden Untersuchungen hervorgeht, das Carboplatinderivat bei dem R1 Chlor ist.

Die Erfindung betrifft weiterhin Arzneimittel, die die vorstehend beschriebenen Carboplatinderivate ent- halten. Die Arzneimittel enthalten selbstverständlich an und für sich bekannte Träger und Hilfsstoffe, da- mit eine entsprechend verträgliche Formulierung her- gestellt werden kann.

Die Erfindung betrifft weiterhin die Verwendung der Carboplatinderivate nach der allgemeinen Formel I zur Herstellung eines Arzneimittels für die Tumorthera- pie. Wie nachfolgend gezeigt wird, hat es sich her- ausgestellt, dass die neuartigen Carboplatinderivate hierfür besonders geeignet sind.

Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Herstel- lungsbeispielen und Versuchsergebnissen näher erläu- tert.

Beispielgruppe 1 Diamminplatin (II)-Komplexe 1. Aktivierung von Cisplatin 1.1. Allgemeines Um das Diamminplatin (II) -Fragment in Komplexe mit entsprechenden Abgangsgruppen einbauen zu können, ist es notwendig, Cisplatin in ein aktiviertes Hydrolyse- produkt zu überführen. Man rührt Cisplatin eine Woche lang unter Lichtausschluss mit zwei Moläquivalenten Silbernitrat in wässriger Lösung. Dabei werden die beiden Chlorid-durch Aqualiganden ersetzt. Silber- chlorid fällt aus und Nitrationen sorgen für den La- dungsausgleich. Anschließend tauscht man die Nitrat- gegen Hydroxidionen, indem man über einen stark basi- schen Ionenaustauscher chromatographiert. Es bildet sich hierbei cis-Diammin (diaqua) platin (II)-dihydroxid 2, das man zur Komplexierung im Lösungsmittelgemisch Wasser/Ethanol (1 : 1) aufnimmt (Fig. 1).

1.2. Vorschrift für Diammin (diaqua) platin (II)-di- hydroxid (2) 300 mg (1,00 mmol) Cisplatin werden in 50 ml H20 im Ultraschallbad suspendiert. Dazu gibt man eine Lösung von 340 mg (2,00 mmol) AgNO3 in 10 ml H20. Anschlie- ßend wird 7 d unter Lichtausschluss bei RT gerührt.

Das ausgefallene AgCl wird über ein Membranfilter ab- gesaugt, wobei man ein farbloses Filtrat erhält. Die- ses wird auf einen aktivierten, stark basischen Io- nenaustauscher (Fa. Merck, Ionenaustauscher III) ge- geben und das Eluat aufgefangen. Die Aktivierung er- folgt, indem man den Ionenaustauscher zunächst mit 100 ml 2 N NaOH spült und dann solange mit H20 elu- iert, bis das ablaufende Eluat einen pH-Wert von 9 aufweist. Nach Abziehen des Lösungsmittels im ÖV er- hält man einen glasigen, lichtempfindlichen Rück- stand, der im Dunkeln bei-20 °C über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden kann. Erst unmittelbar vor der Verwendung nimmt man den Rückstand in 50 ml H20/EtOH (1 : 1) auf.

2. Darstellung der Diamminplatin (II)-Komplexe 2. 1. Allgemeines Um eine Komplexierung der 1, 1-Cyclobutandicarboxy- lato-Liganden, die sich von 3-Chlor-1, 1-cyclobutan- dicarbonsäure 9 und 3-Hydroxy-1, 1-cyclobutandicarbon- säure 14 ableiten, mit dem wasserlöslichen cis- Diammin (diaqua) platin (II) -dihydroxid 2 zu erreichen, müssen die Liganden in Wasser oder zumindest in einem mit Wasser mischbaren Solvens wie Methanol, Ethanol, Tetrahydrofuran, Aceton oder Dimethylforamid gelöst werden.

In diesem Fall werden die Liganden 9 und 14 in Wasser gelöst. Nach Zugabe einer äquimolaren Menge Diam- min (diaqua) platin (II) -dihydroxid-Lösung wird die Re- aktionslösung fünf Tage bei Raumtemperatur unter Lichtausschluss gerührt. Das gebildete metallische Platin wird abfiltriert und das Lösungsmittel des Filtrats im Ölpumpenvakuum bis zur Trockne abdestil- liert. Das gelbliche Rohprodukt wird zur Reinigung aus Wasser umkristallisiert. Dabei sollte'darauf ge- achtet werden, dass nicht erhitzt wird, da sonst eine Zersetzung des Komplexes stattfindet. Mit Hilfe die- ser Methode konnten die zwei neuen Carboplatin-arti- gen Komplexe cis-Diammin (3-chlor-1, 1-cyclobutandi- carboxylato) platin (II) 89 und cis-Diammin (3-hydroxy- 1, 1-cyclobutandicarboxylato) platin (II) 90 syntheti- siert werden (Fig. 2).

Die beiden Komplexe 89und 90 können in Form von farblosen Kristallen isoliert werden. Die Wasserlös- lichkeit beider Verbindungen liegt im Bereich von Carboplatin bei etwa 18 g'l'. Es ist allerdings deut- lich zu erkennen, dass der Hydroxy-Komplex 90, wie zu erwarten, besser wasserlöslich ist als der entspre- chende Chlor-Komplex 89.

Vergleicht man die Synthesewege von Carboplatin und der Komplexe 89 und 90 hinsichtlich ihrer Wirtschaft- lichkeit, so wird deutlich, dass die Verbindung 89 und 90 wesentlich aufwändiger herzustellen sind als Carboplatin. Während bei Carboplatin das Cyclobutan- dicarbonsäure-Fragment relativ einfach durch Konden- sation von 1,3-Dibrompropan mit Malonsäurediethyl- ester dargestellt werden kann, erfolgt die Darstel- lung der Carboplatin-artigen Komplexe 89 und 90 über eine mehrstufige, aufwändige Synthese.

2.2. Darstellung von Cl-Carboplatin (89) 2.2. 1. Ligandensynthese Ausgangsverbindung für die Synthese von 1,1-Cyclo- butandicarbonsäuredichlorid ist die käufliche 1,1- Cyclobutandicarbonsäure. Zu dieser wird langsam ein Überschuss an frisch destilliertem Thionylchlorid zu- getropft. Das Reaktionsgemisch wird anschließend un- ter Feuchtigkeitsausschluss unter Rückfluss erhitzt, bis die Gasentwicklung beendet ist. Bei der Reaktion entstehen die gasförmigen Produkte 02 und HCl. Dann destilliert man den Überschuss an Thionylchlorid auf dem Wasserbad ab. Die Reinigung des gelblichen, flüs- sigen Rohprodukts erfolgt durch fraktionierte Destil- lation im Wasserstrahlvakuum.

Für die radikalische Chlorierung wird 1,1-Cyclo- butandicarbonsäuredichlorid mit katalytischen Mengen AIBN und äquimolarer Menge frisch destilliertem Sul- furylchlorid leicht erwärmt, wobei eine exotherme Re- aktion zu beobachten ist. Das orangefarbene Rohpro- dukt enthält als Verunreinigung noch Edukt und wird durch mehrmalige fraktionierte Destillation gerei- nigt. Es ist bekannt, dass die radikalische Chlorie- rung von 1,1-Cyclobutandicarbonsäure mit Sulfuryl- chlorid eine hohe Selektivität aufweist, sodass die Chlorierung praktisch ausschließlich in 3-Position erfolgt.

Um 3-Chlor-1, 1-cyclobutandicarbonsäure zu erhalten, muss das 3-Chlor-1, 1-cyclobutandicarbonsäuredichlorid hydrolysiert werden. Dazu wird 3-chlor-lll-cyclo- butandicarbonsäuredichlorid mit einem leichten Über- schuss Wasser versetzt und auf dem Wasserbad milde erwärmt. Nach kurzer Induktionsperiode setzt eine exotherme Reaktion ein. Durch Extraktion der wässri- gen Phase mit Diethylether kann 3-Chlor-1, 1-cyclo- butandicarbonsäure als farbloser Feststoff in guten Ausbeuten isoliert werden.

2.2. 2. Komplexsynthese allgemein Die Komplexierung mit dem Platinfragment erfolgt nach bewährtem Schema. Man rührt Cisplatin eine Woche lang unter Lichtausschluss mit zwei Moläquivalenten Sil- bernitrat in wässriger Lösung. Dabei werden die bei- den Chlorid-durch Aqualiganden ersetzt. Silberchlo- rid fällt aus und Nitrationen sorgen für den Ladungs- ausgleich. Anschließend tauscht man die Nitrat-gegen Hydroxidionen aus, indem man über einen stark basi- schen Ionenaustauscher chromatographiert. Es bildet sich hierbei cis-Diammin (diaqua) platin (II)-dihy- droxid, das man zur Komplexierung im Lösungsmittelge- misch Wasser/Ethanol (1 : 1) aufnimmt. Zunächst wird 3- Chlor-1, 1-cyclobutandicarbonsäure in Wasser gelöst.

Nach Zugabe einer äquimolaren Menge Diammin (di- aqua) platin (II) -dihydroxid-Lösung wird die Reaktions- lösung fünf Tage bei Raumtemperatur unter Lichtaus- schluss gerührt. Der gebildete grauschwarze Nieder- schlag wird abfiltriert und das Lösungsmittel des Filtrats im Ölpumpenvakuum bis zur Trockne abdestil- liert. Das gelbliche Rohprodukt wird zur Reinigung aus Wasser umkristallisiert. Dabei sollte darauf ge- achtet werden, dass nicht erhitzt wird, da sonst eine Zersetzung des Komplexes stattfindet. Auf diese Weise wurde der neue Carboplatin-artige Komplex cis-Diam- min (3-chlor-1, 1-cyclobutandicarboxylato) platin (II) (Cl-Carboplatin) dargestellt.

2.2. 3. Vorschrift für cis-Diammin (3-chlor-1, 1- cyclobutandicarboxylato) platin (II) (89) Es werden 71,4 mg (0,4 mmol) 3-Chlor-1, 1-cyclobutan- dicarbonsäure in 10 ml H20 gelöst. Nach Zugabe von 20 ml (0,4 mmol) Diammin (diaqua) platin (II)-dihydroxid- Lösung 2 wird 5 d bei RT unter Lichtausschluss ge- rührt. Der gebildete graue Niederschlag, der elemen- tares Platin enthält, wird über ein Membranfilter ab- gesaugt. Das Lösungsmittel des Filtrats wird bis zur Trockne abdestilliert und das gelbliche Rohprodukt aus H20/Aceton ohne Erhitzen umkristallisiert. Die resultierenden farblosen Kristallnadeln werden im ÖV getrocknet.

C6H11C1N204Pt (405,70) Ausbeute : 90 mg (0,2 mmol, 50 %) farblose Kris- tallnadeln Schmp. : 2,10 °C (C02-Entwicklung) IR (KBr) : U [cm~1] : 3520-3200 (NH3) ; 2960,2920 (-CH) ; 1630 (C=0, Carboxylat, antisymmetrische Va- lenzschwingung) ; 1370 (C=O, Carboxylat, symmetrische Valenzschwingung).

PI-LISIMS : m/z (%) (Glycerin/H20) : 407 (100), MH+.

1H-NMR (250 MHz, D20, 24 °C, TMS) : 8 [ppm] = 4, 67 (sb, NH3), 4,30 (qi, 3J (H, H) = 7, 6 Hz, 1 H,-CH2-CHCl- CH2-), 3,45/2, 91 (2 m, 4 H, CHCl (CH2) 2C (CO2) 2, symme- trische Aufspaltung, diastereotope H).

Elementaranalyse : [%] ber. C 17,76, H 2,73, N 6,93 ; gef. C 18,03, H 2,96, N 6,58.

2.3. Darstellung von OH-Carboplatin (90) 2.3. 1. Ligandensynthese Die Synthese von 1, 3-Dibrom-2-benzyloxypropan erfolgt durch Umsetzung von Epibromhydrin ( ()-1-Brom-2, 3- epoxypropan) mit Benzylbromid und katalytischen Men- gen HgCl2. Die Reaktionsmischung wird acht Stunden auf 155-160° C Innentemperatur erhitzt, wobei eine Dunkelbraunfärbung auftritt. Das Produkt wird durch Destillation im Ölpumpenvakuum gereinigt. Um die Aus- beute zu erhöhen, wird der Vorlauf, der die Edukte enthält, wiederum mit HgCl2 erwärmt und entsprechend aufgearbeitet.

Für die Darstellung von 3-Benzyloxy-1, 1-cyclobutan- dicarbonsäurediethylester wird Malonsäurediethylester mit 1, 3-Dibrom-2-benzyloxypropan alkyliert. Bei der Durchführung ergaben sich zwei Synthesevarianten.

Die erste Variante wendet die Umsetzung von 1,3- Dibrom-2-benzyloxypropan mit Malonsäurediethylester in Gegenwart von Natriumethanolat in Benzol als Lö- sungsmittel an. Um die erforderliche Temperatur von 170° C mit Benzol als Lösungsmittel erreichen zu kön- nen, bedarf es eines Autoklaven als Reaktionsgefäß.

Zunächst wird die Hälfte der benötigten Menge Natriu- methanolat-Lösung dem Reaktionsgemisch zugesetzt.

Nach kurzem Erhitzen lässt man die Reaktionslösung erkalten, gibt den Rest der hergestellten Natrium- ethanolat-Lösung und etwas Benzol zu und erhitzt wei- tere sechs Stunden auf 170° C. Dabei baut sich ein Druck von etwa 10 atm auf. Die erhaltene neutrale Lö- sung wird durch Abnutschen von dem ausgeschiedenen NaBr getrennt und auf dem Wasserbad eingedampft. Das NaBr wird in Wasser gelöst, die Lösung mit Ether ext- rahiert und der etherische Auszug eingeengt. Das dar- in enthaltene Rohprodukt wird dann mit der Hauptfrak- tion vereinigt und durch mehrmalige fraktionierte Destillation gereinigt.

Die alternative Variante bedient sich der basischen Wirkung von Natriumhydrid. Dabei wird zu 1,3-Dibrom- 2-benzyloxypropan unter Stickstoffschutz eine Suspen- sion von Natriumhydrid in Dioxan langsam zugetropft.

Dann erfolgt die vorsichtige Zugabe von Malonsäure- diethylester, wobei eine exotherme Reaktion unter Wasserstoffentwicklung einsetzt. Nach 24stündigem Er- hitzen unter Rückfluss lässt man dem Reaktionsgemisch nochmals eine Suspension von Natriumhydrid in Dioxan zutropfen und erhitzt weitere 120 Stunden. Von der abgekühlten Reaktionslösung wird das Lösungsmittel bei vermindertem Druck weitgehend vertrieben und der Rückstand vorsichtig mit Wasser behandelt. Eine an- schließende Etherextraktion und mehrmalige fraktio- nierte Destillation liefern 3-Benzyloxy-1, 1-cyclo- butandicarbonsäurediethylester als gelbliche, ölige Flüssigkeit.

Wichtig ist für beide Synthesestrategien, dass die Reaktionen unter völligem Wasserausschluss durchge- führt werden, um die Reaktivität von Natriumethanolat bzw. Natriumhydrid aufrecht zu erhalten.

Die hydrogenolytische Spaltung von 3-Benzyloxy-1, 1- cyclobutandicarbonsäurediethylester erfolgt in einer ethanolischen Lösung unter Zusatz von Palladium auf Aktivkohle als Katalysator. Über eine Gaseinleitungs- apparatur wird fünf Tage Wasserstoff in das heteroge- ne Reaktionsgemisch geleitet. Die Reinigung erfolgt nach Abfiltrieren des Katalysators durch fraktionier- te Destillation im Ölpumpenvakuum. Als Nebenprodukt entsteht Toluol, das aufgrund der deutlich niedrige- ren Siedetemperatur von 110° C relativ leicht abge- trennt werden kann. Auf diese Weise wird 3-Hydroxy- 1,1-cyclobutandicarbonsäurediethylester als farblose Flüssigkeit erhalten.

Bei der Verseifung von 3-Hydroxy-1, 1-cyclobutandi- carbonsäurediethylesters zu 3-Hydroxy-1, 1-cyclo- butandicarbonsäure erwies sich die bewährte Methode zur Hydrolyse von substituierten Malonsäurediethy- lestern als erfolgreich. Dabei wird der Ester in ei- ner konzentrierten Lösung von KOH in Ethanol unter Zusatz von Wasser vier Stunden am Rückfluss erhitzt.

Nach weitgehendem Abziehen des Lösungsmittels wird der Rückstand (Kalium-Salz der Dicarbonsäure) mit et- was Wasser aufgenommen und unter Eisbadkühlung durch Zutropfen konzentrierter Salzsäure auf einen pH-Wert von 1 gebracht. Die wässrige Phase wird anschließend 20 Stunden mit Diethylether extrahiert.

2.3. 2. Vorschrift für cis-Diammin (3-hydroxy-1, 1- cyclobutandicarboxylato) platin (II) (90) Es werden 64,0 mg (0,4 mmol) 3-Hydroxy-1, 1-cyclo- butandicarbonsäure mit 20 ml (0,4 mmol) Diammin (di- aqua) platin (II) -dihydroxid-Lösung 2 5 d bei RT umge- setzt. Nach Abdestillieren des Lösungsmittels und Umkristallisation aus Wasser/Aceton wird das Produkt 90 in Form farbloser Kristallnadeln erhalten.

C6H12N205Pt (387, 25) Ausbeute : 74 mg (0,192 mmol, 48 %) farblose Kristallnadeln Schmp. : 250 °C (C02-Entwicklung) IR (KBr) : u [cm-1] : 3280 (NH3,-OH) ; 2990, 2940, 2890 (-CH) ; 1630,1600 (C=O, Carboxy- lat, antisymmetrische Valenzschwin- gung) ; 1380,1350 (C=O, Carboxylat, symmetrische Valenzschwingung).

PI-LISIMS : m/z (%) (Glycerin/H20) : 388 (100), MH+.

1H-NMR (250 MHz, D2O, 24 °C, TMS) : 8 [ppm] = 4, 67 (sb, NH3, -OH), 4,10 (qi, 3J (H, H) = 7. 6 Hz, 1 H, -CH2-CH(OH)-CH2-), 3,23/2, 50 (2 m, 4 H, HO- CH (CH2) 2C (CO2-) 2, symmetrische Aufspaltung, diastereo- tope H).

Elementaranalyse : [%] ber. C 18,61, H 3,12, N 7,23 ; gef C 18,63, H 3,30, N 6,92.

2.3. 3. Molekülstruktur von cis-Diammin (3-hydroxy- 1, 1-cyclobutandicaroxylato) platin (II) (90) Von cis-Diammin (3-hydroxy-1, 1-cyclobutandicarboxy- lato) platin (II) (90) konnten durch langsame Kristal- lisation für die Röntgenstrukturanalyse geeignete Kristalle erhalten werden. Dazu wird 90 in Wasser ge- löst und mit etwas Aceton überschichtet. Die klare Lösung lässt man im Dunkeln bei Raumtemperatur und geöffnetem Kolben stehen, so dass das Lösungsmittel langsam verdampfen kann. Dabei kristallisiert 90 in Form farbloser, plättchenförmiger Kristalle aus.

Das Ergebnis der Kristallstrukturanalyse ist in Fig.

3 dargestellt. Dabei ist die im Rahmen der Messgenau- igkeit quadratisch planare Koordination von Ptl deut- lich zu erkennen. Bei dem sechsgliedrigen Chelatring ergibt sich eine Wannenkonformation, da das C2-Atom und auch das Ptl-Atom aus der Ebene 01-C1-C3-04 in gleicher Richtung herausgeklappt sind. Weiterhin ist anzumerken, dass der Cyclobutanring nicht planar, sondern verdrillt vorliegt und die Hydroxylgruppe in äquatorialer Position angeordnet ist. Der Torsions- winkel C6-C2-C4-C5 von 20. 1 (7) ° (Tabelle 1) verdeut- licht dies. Die wichtigsten Bindungsparameter sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1 : Bindungsabstände [Å] : Bindungswinkel [°] : Ptl-O1 2.013 (6) 01-Ptl-04 92.4 (2) Ptl-04 2.023 (5) 01-Ptl-Nl 87.2 (3) Ptl-Nl 2.026 (6) 01-Ptl-N2 175.2 (2) Ptl-N2 2.031 (9) 04-Ptl-Nl 177.6 (2) O1-C1 1.295 (10) 04-Ptl-N2 88.9 (3) 02-C1 1.245 (11) Nl-Ptl-N2 91.4 (3) 03-C3 1.231 (10) Ptl-01-Cl 124. 1 (5) 04-C3 1. 279 (13) Ptl-04-C3 123.2 (6) 05-cl 1. 411 (16) C2-C4-C5 86. 8 (7) Torsionswinkel [°] : Wasserstoffbrückenbindungen : O4-Pt1-O1-C1 -21. 8 (6) D-H... A ; d (H... A) [Å] ; <DHA [°] Nl-Ptl-01-Cl 160.6 (6) N1-H1A... 03 ; 1.9908 ; 163.33 01-Ptl-04-C3 17.0 (6) N1-H1B... 01 ; 2.1888 ; 146.77 N2-Ptl-04-C3-167. 6 (6) N1-H1C... 04 ; 2.5267 ; 170.05 Ptl-01-C1-C2-10. 7 (10) N2-H2A... 02 ; 2.0600 ; 169.09 Ptl-04-C3-C2 18.9 (9) N2-H2B... 02 ; 1.9959 ; 171.74 C6-C2-C4-C5 20. l (7) N2-H2C... 05 ; 2.5110 ; 142.07 Bei Betrachtung der Wasserstoffbrückenbindungen wird deutlich, dass die Moleküle im Kristall in Ketten an- geordnet sind. Die Wasserstoffatome der NH3-Gruppen verbinden die Moleküle über die Carboxylat-Sauer- stoffatome durch Wasserstoffbrückenbindungen. Die an- gegebenen Bindungslängen und-winkel entsprechen den Werten von Carboplatin. Wie bei Carboplatin zeigt ein Kohlenstoffatom des Cyclobutanrings, das C5-Atom, ei- ne ausgeprägte thermische Bewegung. Dies kann als dy- namische Faltung des Cyclobutanrings interpretiert werden. Als Konsequenz unterliegt der Cyclobutanring bei Raumtemperatur einer dynamischen Inversion zwi- schen zwei Konformationen. Bei den Bindungslängen wird ersichtlich, dass die C-O-Bindungen des Che- latrings um etwa 50 pm länger sind als die zu 02 und 03 und somit mehr Einfachbindungscharakter haben.

Beide liegen innerhalb des charakteristischen Be- reichs für C-O-Doppelbindungen. Die C5-05-Bindungs- länge von 1.411 Ä befindet sich in der Größenordnung einer C-O-Einfachbindung.

Beispielgruppe 2 Diaminplatin (II)-Komplexe 1. Aktivierung von ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan- (dichloro) platin (II) (88) 1.1. Vorschrift für ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan- (diaqua) platin (II) -dihydroxid (91) Es werden 760 mg (2,00 mmol) ()-trans-1, 2-Diamino- cyclohexan (dichloro) platin (II) 88 in 60 ml H20 im Ultraschallbad suspendiert. Dazu gibt man eine Lösung von 680 mg (4,00 mmol) AgNO3 in 20 ml H20. Anschlie- ßend wird 7 d unter Lichtausschluss bei RT gerührt.

Das ausgefallene AgCl wird über ein Membranfilter ab- gesaugt, wobei man ein farbloses Filtrat erhält. Die- ses wird auf einen aktivierten, stark basischen Io- nenaustauscher (Fa. Merck, Ionenaustauscher III) ge- geben und das Eluat aufgefangen. Die Aktivierung er- folgt, indem man den Ionenaustauscher zunächst mit 100 ml 2 N NaOH spült und dann solange mit H20 elu- iert, bis das ablaufende Eluat einen pH-Wert von 9 aufweist. Nach Abziehen des Lösungsmittels im ÖV er- hält man einen glasigen, lichtempfindlichen Rück- stand, der im Dunkeln bei-20 °C über einen längeren Zeitraum aufbewahrt werden kann. Erst unmittelbar vor der Verwendung nimmt man den Rückstand in 100 ml H20/EtOH (1 : 1) auf.

2. Darstellung der Diaminplatin (II)-Komplexe 2.1. Allgemeines Für die Darstellung der Diaminplatin (II) -Komplexe ist eine direkte Umsetzung der Cyclobutandicarboxylato- Liganden mit ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan (di- chloro) platin (II) 88 nicht möglich. Auch hier ist es, wie bereits im Falle von Cisplatin, notwendig, den Dichloroplatin (II) -Komplex 88 durch einwöchige Umset- zung mit AgNO3 in ein aktiviertes Hydrolyseprodukt zu überführen. Durch Chromatographie über einen stark basischen Ionenaustauscher ersetzt man schließlich die Nitrationen durch Hydroxidionen. Nach Abziehen des Lösungsmittels erhält man einen glasartigen Rück- stand, der sich im Dunkeln bei-20 °C über mehrere Wochen ohne Zersetzungserscheinungen lagern lässt.

Kurz vor der Komplexierung nimmt man den Rückstand im Lösungsmittelgemisch Wasser/Ethanol (1 : 1) auf. Bei Graufärbung durch elementares Platin wird die Lösung des aktivierten Komplexes über ein Membranfilter filtriert (Fig. 4).

Diese aktivierte Spezies 91 wird mit den in Wasser gelösten Cyclobutandicarboxylato-Liganden 9 und 14 umgesetzt. Anschließend wird fünf Tage bei Raumtempe- ratur unter Lichtausschluss gerührt. Das gebildete metallische Platin wird über ein Membranfilter ab- filtriert und das Lösungsmittel des Filtrats im 01- pumpenvakuum bis zur Trockne abdestilliert, wobei nicht zu stark erhitzt werden sollte, da sonst eine Zersetzung des Komplexes stattfindet. Die Reinigung des gelblichen Rohprodukts erfolgt durch Umkristalli- sation bei Raumtemperatur aus Wasser, wobei farblose Kristallnadeln von den Komplexen 93 und 94 erhalten werden können (Fig. 5).

2.2. Vorschrift für ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan- (3-chlor-1, 1-cyclobutandicarboxylato) platin (II) (93) Man löst 71, 43. mg (0,4 mmol) 9 in 20 ml H20, tropft 20 ml (0,4 mmol) ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan- (diaqua) platin (II)-dihydroxid-Lösung 91 zu und lässt 5 d bei RT rühren. Nach Abfiltrieren des grauen Nie- derschlags wird das Filtrat bis zur Trockne eingeengt und das Rohprodukt aus H20 bei RT umkristallisiert, wobei das Produkt 93 in Form farbloser Kristallnadeln isoliert werden kann.

C12H1. 9C1N2O4Pt (485,83) Ausbeute : 116,8 mg (0,24 mmol, 60 %) farblose Kristallnadeln Schmp. : > 250 °C IR (KBr) : # [cm-1] : 3260,3200, 3110 (-NH) ; 2960, 2880 (-CH) ; 1630 (C=O, Carboxylat, an- tisymmetrische Valenzschwingung) ; 1360 (C=O, Carboxylat, symmetrische Valenz- schwingung).

PI-ESIMS : m/z (%) (H2O + 1 % AcOH) : 487 (100), MH+.

1H-NMR (250 MHz, d6-DMSO, 24 °C, TMS) : # [ppm] = 5, 60 (m, 4 H,-NH2), 4,31 (qi, 3J (H, H) = 7, 9 Hz, 1 H,-CH2- CHC1-CH2-), 3,50/2, 80 (2 m, 4 H, CHC1 (CH2) 2C (CO2-) 2, symmetrische Aufspaltung, diastereotope H), 2,04, 1, 81, 1, 45, 1, 21, 1, 02 (5, m 10 H,-C6Hlo-).

Elementaranalyse : [%] ber. C 29,67, H 3,94, N 5,77 ; gef. C 29,26, H 4,07, N 5,50.

2.3. Vorschrift für ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan- (3-hydroxy-1, 1-cyclobutandicarboxylato)- platin (II) (94) 65,05 mg (0,4 mmol) 3-Hydroxy-1, 1-cyclobutahdicarbon- säure werden in 20 ml H20 mit 20 ml (0,4 mmol) ()- trans-1, 2-Diaminocyclohexan (diaqua) platin (II)- dihydroxid-Lösung 91 5 d bei RT umgesetzt.

Nach Abdestillieren des Lösungsmittels und Umkristal- lisation aus Wasser wird das Produkt 94 in Form farb- loser Kristallnadeln erhalten.

Ci2H2oN20sPt (467.38) Ausbeute : 46,2 mg (0,10 mmol, 25 %) farblose Kristallnadeln Schmp. : 248 °C (C02-Entwicklung) IR (KBr) : u [cm~1] : 3600-3200 (-OH) ; 3260,3220, 3120 (-NH) ; 2960,2920, 2880 (-CH) ; 1620 (C=O, Carboxylat, antisymmetri- sche Valenzschwingung) ; 1360 (C=O, Carboxylat, symmetrische Valenzschwin- gung).

PI-ESIMS : m/z (%) (H20 + 1 % AcOH) : 468 (100), MH+.

1H-NMR (250 MHz, d6-DMSO, 24 °C, TMS) : # [ppm] = 5,51 (m, 4 H,-NH2), 4. 91 (sb, 1 H, -OH), 3.84 (qi, 3J (H, H) = 7, 6 Hz, 1 H,-CH2-CH (OH)-CH2-), 3, 09/2, 31 (2 m, 4 H, HO-CH (CH2) 2C (CO2-) 2, symmetrische Aufspaltung, diastereotope H), 2,03, 1,80, 1,45, 1,21, 1,01 (5 m, 10 H,-C6Hlo-).

Elementaranalyse : [%] ber. C 30,84, H 4,31, N 5.99 ; gef. C 30,72, H 4,65, N 5.63.

2.4. Molekülstruktur von ()-trans-1, 2-Diaminocyclo- hexan (3-hydroxy-1, 1-cyclobutandicarboxylato)- platin (II) Durch langsame Kristallisation konnten von Komplex 94 für die Röntgenstrukturanalyse geeignete Kristalle erhalten werden. Dazu löst man die Verbindung 94 in Wasser und lässt die klare Lösung im Dunkeln bei Raumtemperatur und geöffnetem Kolben stehen, um ein langsames Verdampfen des Lösungsmittels zu gewähr- leisten.

Die Röntgenstrukturanalyse der erhaltenen farblosen Kristallnadeln zeigt, wie zu erwarten, dass die ver- messenen Kristalle aus einer 1 : 1-Mischung der beiden Diastereomeren aufgebaut sind. Dieser Befund ergibt sich aus der Verwendung des Racemats ()-trans-1, 2- Diaminocyclohexan für die Komplexierung bei der Syn- these des Vorläuferkomplexes 88 unter Berücksichti- gung der räumlichen Anordnung der OH-Gruppe am Cyclo- butanring. Das Ergebnis der röntgendiffraktometri- schen Untersuchungen ist in Fig. 6 dargestellt.

Wie bei der Molekülstruktur des Carboplatin-artigen Komplexes 90 ist auch hier die quadratisch planare Koordination von Ptl bzw. Pt2 deutlich zu erkennen.

Der sechsgliedrige Chelatring liegt ebenfalls in der Wannenkonformation vor, da das C3-Atom und auch das Ptl-Atom aus der Ebene 01-C1-C2-03 in gleicher Rich- tung herausgeklappt sind. Der Torsionswinkel C6-C3- C4-C5 von 12.6 (5) ° (Tabelle 2) illustriert die Ver- drillung des Cyclobutanrings, wobei die Hydroxylgrup- pe in äquatorialer Position angeordnet ist. Eine Zu- sammenfassung der wichtigsten Bindungsparameter fin- det sich in Tabelle 2. Die Strukturdaten des zweiten Diastereomers entsprechen innerhalb der Messgenauig- keit den angegebenen Werten. Tabelle 2 : Ausgewählte Strukturdaten des Dia- minplatin (II) -Komplexes 94. Bindungsabstände [] : Bindungswinkel [°] : Pt1-01 2.033 (5) 01-Pt1-03 88.99 (19) Pt1-03 2.025 (5) 01-Pt1-N1 94.5 (2) Pt1-N1 2.041 (5) 01-Pt1-N2 178.08 (18) Pt1-N2 2.027 (6) 03-Pt1-N1 176. 1 (3) 01-C1 1.304 (8) 03-Pt1-N2 92.9 (2) 02-C1 1.224 (9) N1-Pt1-N2 83.6 (2) 04-C2 1.224 (7) Pt1-01-C1 120.6 (4) 03-C2 1.304 (9) Pt1-03-C2 121.5 (4) 05-C5 1. 403 (9) C3-C4-C5 90. 1 (5) Torsionswinkel Wasserstoffbrückenbindungen : 03-Pt1-01-C1-29. 7 (5) D-H... A ; d (H... A) [] ; <DHA [°] N1-Pt1-01-C1 152.2 (5) N1-H1A... 012 ; 2.0186 ; 168.72 01-Pt1-03-C2 43.5 (5) N2-H2A... 011 ; 2.0541 ; 172.33 N2-Pt1-03-C2-136. 8 (5) N2-H2B... 06 ; 2.4749 ; 122.72 Pt1-01-C1-C3-15. 9 (7) N2-H2B... 07 ; 2.0501 ; 176.39 Pt1-03-C2-C3-8. 9 (7) N3-H3B... 03 ; 2.4332 ; 131.12 C6-C3-C4-C5 12.6 (5) N3-H3B... 04 ; 2. 3108 ; 167.98 In Analogie zu den Strukturdaten des Diamminpla- tin (II) -Komplexes 90 sind auch bei Verbindung 94 die C-O-Bindungen des Chelatrings um etwa 80 pm länger als die zu 02 und 04 und besitzen somit mehr Einfach- bindungscharakter. Beide Bindungslängen liegen jedoch innerhalb des charakteristischen Bereiches für C-O- Doppelbindungen. In Fig. 6 ist auch die Sesselkonfor- mation des Cyclohexanrings sehr schön zu beobachten, wobei die Aminosubstituenten jeweils in der energe- tisch günstigeren diäquatorialen Stellung angeordnet sind, da in diesem Fall keine 1,3-Wechselwirkung auf- treten kann.

Beispielgruppe 3 Pharmakologische Testung Um die Proliferationshemmung zu bestimmen, wurde die Urothelkarzinom-Zelllinie J82 ( [G3]) als In-vitro-Mo- dell ausgewählt.

Als Maß für die Wirksamkeit wurde der T/C-Wert be- stimmt.

T = Zelldichte nach Einwirkung der Testsubstanz C = Zelldichte der Kontrolle Co = Anfangszelldichte der Kontrolle Die T/C-Werte geben die prozentuale Hemmung des Zell- wachstums im Vergleich zu einer Referenz (nur Lö- sungsmittel ohne Substanzinkubation) an. Dabei bedeu- tet 0 % ein zum Stillstand gekommenes Zellwachstum, während 100 % ein der unbehandelten Referenz entspre- chendes Wachstum anzeigt. Gemäß der Definition des T/C-Werts sind auch Werte über 100 % möglich. Diese signalisieren ein stimuliertes Zellwachstum durch den Wirkstoff. Negative Werte ergeben sich durch eine ge- ringere Zelldichte als bei der Referenz, d. h. die Substanzen üben keinen zytostatischen, sondern einen zytotoxischen Effekt aus. Somit zeigen T/C-Werte um 0 % eine optimale Wirksamkeit an.

1. In einer Versuchsreihe wurde ein Single-endpoint- Assay mit einer Inkubationszeit von 96 Stunden durch- geführt. C1-Carboplatin zeigte insbesondere in den Konzentrationen 5 und 10 uMol eine deutlich gestei- gerte wachstumshemmende Aktivität im Vergleich zum klinisch eingesetzten Carboplatin und OH-Carboplatin.

Auch die Komplexe 93 und 94 zeigen eine höhere Wirk- samkeit als 92, das ()-trans-Diaminocyclohexan- Analogon von Carboplatin. Die Ergebnisse sind in Ta- belle 3 zusammengestellt, die die T/C-Werte für die Carboplatin-artigen Diamminplatin (II) -Komplexe 89 und 90 und die Diaminplatin (II) -Komplexe 93 und 94 mit Carboplatin und 92, dem ()-trans-Diaminocyclohexan- Analogon von Carboplatin, als Referenzen zeigt.

Tabelle 3 c 0, 5 1 5 10 10-6 # mol # l-1 Carboplatin1 94, 414, 0 95, 512, 3 83, 313, 2 49, 810, 6 891 115, 313, 8 93, 416, 1 44, 322, 7 4, 15, 0 901 105, 211, 3 110, 211, 8 71, 4~19, 6 41, 621, 5 92 2 8 7, 214, 663, 413, 1 31, 511, 0 14, 54, 5 932 64, 7+11, 3 33, 110, 6 10, 53, 5-1, 33, 3 942 52,4~11, 8 51, 610, 7 14, 34, 2 7, 23, 9 1 alle in Wasser getestet 2 alle in DMF getestet Eine Zusammenstellung der Testergebnisse der Komplexe 89,90, 93 und 94 für die Konzentration 1 uM und 5 uM findet sich in den Figuren 7 und 8. So zeigt die Fig.

7 die Testergebnisse für Carboplatin und die Carbo- platin-artigen Diamminplatin (II) -Komplexe 89 und 90 und die Diaminplatin (II) -Komplexe 92-94 in der Kon- zentration 1 uM und Fig. 8 in der Konzentration 5 uM.

Während bei den Diamminplatin (II) -Komplexen 89,90 und Carboplatin bei einer Wirkstoffkonzentration von 10-6 mol-1-1 keine Hemmung der Zellteilung zu beobach- ten ist, ergeben sich bei 92 bis 94 T/C-Werte von 30 bis 60 %. Auch bei höheren Konzentrationen ist die zytostatische Aktiviät der Diaminocyclohexanpla- tin (II) -Komplexe stets größer als die der Diamminana- loga. Die größte Wirksamkeit wurde jeweils mit den Chlor-Derivaten 89 und 93 erreicht. Bestrahlung be- einflusst die Testergebnisse nicht.

In der vorliegenden Untersuchung zeigten die Platin- komplexe mit ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan als Nichtabgangsgruppe die höchste zytostatische Wirksam- keit. Dies überrascht nicht, da analoge Platinkomple- xe mit ()-trans-1, 2-Diaminocyclohexan, wie etwa Oxa- liplatin, kommerziell für die Tumortherapie bereits eingesetzt werden.

Der Carboplatin-artige Komplex 89 wurde wie Carbopla- tin in den Konzentrationen 5,10 und 10 MM getestet.

Besonders interessant ist dabei, dass 89 in gleicher Konzentration fast die koppelte Wirksamkeit im Ver- gleich zu Carboplatin zeigt. Dieses Ergebnis korre- liert mit der im folgenden unter 3. untersuchten Kom- plexstabilität in physiologischer Kochsalzlösung. Da 89 gegenüber Carboplatin aufgrund des Chlorsubsti- tuenten eine geringere Komplexstabilität aufweist, erfolgt die Hydrolyse zu aktivierten Hydroxokomplexen wesentlich schneller. Nachdem die Abgangsgruppe ab- gespalten wurde, kann das Diamminplatin-Fragment schneller an Bionukleophile binden und eine zytosta- tische Aktivität hervorrufen.

2. In einer dreifach wiederholten Dosis-Wirkungs- studie für Cl-Carboplatin mit Carboplatin als Refe- renz im Sinne einer kinetischen Untersuchung wurde im Verlauf von 125 Stunden alle 24 Stunden der T/C-Wert bestimmt. In allen untersuchten Konzentrationen 5,10 und 20 yMol ergibt sich für Cl-Carboplatin im Ver- gleich zum klinisch eingesetzten Carboplatin nahezu die doppelte Wirksamkeit. Figuren 9a und 9b zeigen die entsprechenden Ergebnisse.

3. Die Stabilität von Carboplatin und Cl-Carboplatin wurde durch 1H-NMR-Spektroskopie in wässriger Lösung untersucht. Dazu wurden 2, 5 10-5 mol des jeweiligen Komplexes in 1 ml 0,9 % iger Lösung von NaCl in D20 gelöst, was einer physiologischen Kochsalz-Lösung entspricht, und in abgedunkelten NMR-Röhrchen bei Raumtemperatur aufbewahrt. Der Verlauf der Hydrolyse der Komplexe ließ sich durch Aufzeichnung der NMR- Spektren (Figuren 10a und lOb) zu den angegebenen Zeitpunkten verfolgen.

Fig. 11 zeigt, dass in wässriger physiologischer Kochsalzlösung von Cl-Carboplatin bereits nach einer Stunde Hydrolyseprodukte auftraten und im Verlauf von 168 Stunden ein etwa 40 % iger Abbau zu Cisplatin er- folgte. Somit ist Cl-Carboplatin gegenüber Hydrolyse wesentlich sensitiver als Carboplatin. Durch den Chlorsubstituenten wird die Elektronendichte an den Sauerstoffatomen der Carbonsäuregruppen vermindert und somit die Substitutionsgeschwindigkeit beein- flusst. Die schnellere Hydrolyse ermöglicht eine schnellere Freisetzung des cis-Diamminplatin (II)- Fragments, das seinerseits, durch Interaktion mit den DNA-Basen die Vorgänge bei der Zellteilung beein- flusst und für die zytostatischen Eigenschaften ver- antwortlich ist.