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Title:
METHOD FOR DETERMINING A CURRENT GLUCOSE VALUE IN A TRANSPORTED FLUID
Document Type and Number:
WIPO Patent Application WO/2022/199765
Kind Code:
A1
Abstract:
The invention relates to a method in particular for continuously determining a current glucose value in a transported fluid, in particular blood, of an organism, having the steps of: a) ascertaining a series of measurements, comprising at least two measurement values separated by time intervals, for a tissue glucose value in the tissue surrounding the transported fluid using a sensor device, b) ascertaining the tissue glucose value using the ascertained series of measurements on the basis of a measurement model in the form of a linear or non-linear function, wherein measurement values of the measurement device are assigned to tissue glucose values while taking into consideration measurement noise using a measurement model, c) providing a state transition model, the ascertained tissue glucose values being assigned at least one glucose value in the transported fluid using the at least one state transition model while taking into consideration process noise, and d) estimating the current glucose value on the basis of an approximation of at least one provided state transition model and the ascertained tissue glucose value using at least one Kalman filter in the event the measurement model is in the form of a linear function or at least one expanded Kalman fileter in the event a measurement model is in the form of a non-linear function.

Inventors:
KRUSE THERESA (DE)
GRAICHEN KNUT (DE)
KRIVANEK ROLAND (DE)
MUELLER ACHIM (DE)
Application Number:
PCT/DE2022/200052
Publication Date:
September 29, 2022
Filing Date:
March 22, 2022
Export Citation:
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Assignee:
EYESENSE GMBH (DE)
International Classes:
A61B5/00; A61B5/145
Domestic Patent References:
WO2001072208A22001-10-04
WO2006017358A12006-02-16
Foreign References:
US20200383643A12020-12-10
US20120035442A12012-02-09
DE102015101847B42017-11-02
Other References:
FATIMA BARCELO-RICO: "Multimodel Approaches for Plasma Glucose Estimation in Continuous Glucose Monitoring Development of New Calibration Algorithms", THESIS, 1 April 2012 (2012-04-01), Universitat Politecnica de Valencia, XP055262414, Retrieved from the Internet [retrieved on 20160404]
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ANANDA ET AL.: "Time lag of Glucose from intravascular to interstitial compartment in humans", DIABETES, 2013, pages DB-131132
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D. BARRY ET AL.: "Delays in minimally invasive continuous Glucose monitoring devices: a review of current technology", JOURNAL OF DIABETES SCIENCE AND TECHNOLOGY, vol. 3, no. 5, 2009, pages 1207 - 1214
KNOBBE, EDWARD J.BRUCE BUCKINGHAM: "The extended Kalman filter for continuous Glukose monitoring", DIABETES TECHNOLOGY & THERAPEUTICS, vol. 7, no. 1, 2005, pages 15 - 27
Attorney, Agent or Firm:
ULLRICH & NAUMANN (DE)
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Claims:
A n s p r ü c h e

1. Verfahren zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus, um- fassend die Schritte a) Ermitteln (S1) mittels einer Sensoreinrichtung einer Messreihe, umfassend zumindest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Gluko- sewert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe, b) Ermitteln (S2) des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe basierend auf einem Messmodell in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensoreinrichtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Mess- rauschwert zugeordnet werden, c) Bereitstellen (S3) zumindest eines Zustandsübergangsmodells, wobei mit- tels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells den ermittelten Ge- webe-Glukosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zu- geordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts, und d) Schätzen (S4) des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmo- dells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumin- dest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

2. Verfahren gemäß Anspruch 1 , dadurch gekennzeichnet, dass mehrere Zu- standsübergangsmodelle bereitgestellt werden, die in Abhängigkeit des zeitlichen Verlaufs des geschätzten aktuellen Glukose-Werts, insbesondere dessen zeitlicher Änderungsrate, gewechselt werden.

3. Verfahren gemäß Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass zumin- dest zwei Zustandsübergangsmodelle bereitgestellt werden, wobei eines auf einer konstanten Glukosekonzentration, eines auf einer konstanten Änderung der Gluko- sekonzentration und/oder eines auf einer gewichteten Summe vorheriger Glukose- konzentrationen basiert.

4. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1-3, dadurch gekennzeichnet, dass ermittelte Messwerte mittels zumindest einer Filterfunktion gefiltert werden, wobei mittels der zumindest einen Filterfunktion Fehler, insbesondere Messfehler, der Sensoreinrichtung unterdrückt werden.

5. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, dass der zumindest eine Messrauschwert, insbesondere regelmäßig, angepasst wird.

6. Verfahren gemäß Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass zur Anpassung des zumindest einen Messrauschwerts eine Bestimmung der Varianz des Messrau- schens anhand einer Stichprobe von Messwerten erfolgt, insbesondere geschätzt wird.

7. Verfahren gemäß Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass mittels eines statistischen Tests, insbesondere eines Kolmogorov-Smirnov-Tests überprüft wird, ob die Nullhypothese - die Stichprobe folgt einer mittelwertfreien Gauß-Verteilung mit der ermittelten Varianz des Messrauschens - nicht abgelehnt wird.

8. Verfahren gemäß Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Varianz des Messrauschens für zumindest eine weitere Stichprobe von Messwerten be- stimmt wird, solange die Nullhypothese abgelehnt wird,

9. Verfahren gemäß Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass Messwerte mittels der zumindest einen Filterfunktion hinsichtlich Ausreißern überprüft werden und Messwerte, die als Ausreißer ermittelt wurden, verworfen werden, insbeson- dere unter Verwendung eines NIS-Tests.

10. Verfahren gemäß Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Messwerte mittels der zumindest einen Filterfunktion auf Über- und/oder Unterschreiten von vorgegebenen Grenzwerten überprüft werden, bevor diese verworfen werden.

11. Verfahren gemäß Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass ein aktueller Messwert, der nicht als Ausreißer ermittelt wurde, trotzdem als Messfehler verwor- fen wird, wenn zuvor mindestens eine vorgegebene Anzahl, insbesondere zwei zeit- lich aufeinanderfolgende frühere Messwerte, als Messfehler verworfen wurden.

12. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1-11 , dadurch gekennzeichnet, dass das Zustandsübergangsmodell ein Diffusionsmodell zur zeitabhängigen Modellie- rung des Diffusionsprozesses von Glukose von dem Transportfluid ins umgebende Gewebe umfasst.

13. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1-12, dadurch gekennzeichnet, dass mehrere frühere Messwerte gefiltert werden, insbesondere mittels eines Kalman Fixed Interval Smoothers.

14. Verfahren gemäß Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass bei Anwen- dung des Kalman Fixed Interval Smoothers dieser vorwärts und rückwärts durch- laufen wird, wobei im Vorwärtsdurchlauf eine Kalman-Filterung und im Rückwärts- durchlauf eine Anwendung eines RTS-Filters und/oder eines MBF-Filters erfolgt.

15. Verfahren gemäß einem der Ansprüche 1-14, dadurch gekennzeichnet, dass eine Klassifizierung des Trends der Blutzuckerkonzentration anhand mehrere Kate- gorien vorgenommen wird, insbesondere anhand von zumindest sieben Kategorien.

16. Vorrichtung zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus, insbe- sondere zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1-15, um- fassend eine Sensoreinrichtung, insbesondere zur Messung von Fluoreszenz in einem das Transportfluid umgebenden Gewebe mittels einer Sonde, insbesondere einer poly- meroptischen Fasersonde, ausgebildet zum Ermitteln einer Messreihe, umfassend zumindest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe, eine Bereitstellungseinrichtung, ausgebildet zum Bereitstellen zumindest eines Zu- standsübergangsmodells, wobei mittels des zumindest einen Zustandsübergangs- modells den ermittelten Gewebe-Glukosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zugeordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozess- rauschwerts, und zum Bereitstellen eines Messmodells in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensorein- richtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Messrauschwert zugeordnet werden, und eine Auswerteeinrichtung, ausgebildet zum Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe basierend auf dem Messmodell und zum Schät- zen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmodells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumindest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiter- ten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

17. Auswerteeinrichtung zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organis- mus, umfassend zumindest eine Schnittstelle zum Anschluss einer Sensoreinrichtung zur Bereitstel- lung von einer Messreihe, umfassend zumindest zwei zeitlich beabstandete Mess- werte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Ge- webe, zumindest einen Speicher zum Speichern zumindest eines Zustandsübergangsmo- dells, wobei den mittels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells ermittel- ten Gewebe-Glukosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zu- geordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts und zum Speichern eines Messmodells in Form einer linearen oder nichtlinearen Funk- tion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensoreinrichtung Gewebe- Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Messrauschwert zu- geordnet werden, und eine Recheneinrichtung, ausgebildet zum Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts an- hand der ermittelten Messreihe basierend auf dem gespeicherten Messmodell und zum Schätzen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf ei- ner Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmodells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumindest eines Kalman- Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtli- nearen Funktion.

18. Nichtflüchtiges, computerlesbares Medium zur Speicherung von Instruktio- nen, welche, ausgeführt auf einem Computer bewirken, dass ein Verfahren zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus, durchgeführt wird, vorzugs- weise geeignet zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1- 15, umfassend die Schritte a) Ermitteln mittels einer Sensoreinrichtung einer Messreihe, umfassend zumin- dest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe, b) Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe ba- sierend auf einem Messmodell in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensoreinrichtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Mess- rauschwert zugeordnet werden, c) Bereitstellen zumindest eines Zustandsübergangsmodells, wobei mittels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells den ermittelten Gewebe-Glu- kosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zugeordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts, und d) Schätzen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmo- dells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumin- dest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

Description:
VERFAHREN ZUM BESTIMMEN EINES AKTUELLEN GLUKOSEWERTS IN EINEM TRANSPORTFLUID

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Or- ganismus.

Die Erfindung betrifft weiter eine Vorrichtung zum insbesondere kontinuierlichen Be- stimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus.

Die Erfindung betrifft darüber hinaus eine Auswertevorrichtung zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus.

Die Erfindung betrifft weiter ein nichtflüchtiges, computerlesbares Medium zur Spei- cherung von Instruktionen, welche ausgeführt auf einen Computer bewirken, dass ein Verfahren zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glu- kosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus, durchge- führt wird.

Obwohl die vorliegende Erfindung allgemein auf beliebige Verfahren zum Bestim- men eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid anwendbar ist, wird die vorliegende Erfindung in Bezug auf die Blutglukosekonzentration in einem Organis- mus erläutert.

Zur Bestimmung einer Blut-Glukosekonzentration BG in einem Organismus, insbe- sondere bei Menschen, sind Systeme zur kontinuierlichen Glukoseüberwachung, auch CGM - Continuous Glucose Monitoring - genannt, bekannt geworden. Bei ei- nem CGM-System wird typischerweise eine interstitielle Gewebe-Glukosekonzent- ration IG automatisiert, beispielsweise alle ein bis fünf Minuten, gemessen. Insbe- sondere Diabetespatienten profitieren von CGM-Systemen, da im Vergleich mit Selbst-Überwachungs-Verfahren - auch Self-Monitoring-Verfahren SMBG genannt - bei welchen der Patient selbst manuell vier- bis zehnmal am Tag den Blut-Gluko- sewert bestimmt, Messungen mit einer deutlich höheren Frequenz durchgeführt werden können. Dies ermöglicht automatisierte Auswertungen und Warnsignale an den Patienten, insbesondere auch während der Patient schläft, was kritische Ge- sundheitszustände von Patienten zu vermeiden hilft.

Bekannte CGM-Systeme basieren einerseits auf elektrochemischen Vorgängen. Ein derartiges CGM-System ist beispielsweise in der WO 2006/017358 A1 beschrie- ben. Darüber hinaus sind optische CGM-Systeme bekannt geworden, beispiels- weise aus der DE 10 2015 101 847 B4, bei welchen eine vom Glukosewert abhän- gige Fluoreszenz ausgenutzt wird und welche hiermit durch Verweis einbezogen wird. Beide Arten von CGM-Systemen messen eine interstitielle Gewebe-Glukose- konzentration.

Es ist weiterhin bekannt, dass die Gewebe-Glukosekonzentration oder interstitielle Glukosekonzentration IG von der Blut-Glukosekonzentration, im Folgenden mit BG abgekürzt, abweicht. Eine große Abweichung besteht insbesondere nach starken Einflüssen auf den Blut-Glukosewert, beispielsweise durch Nahrungs- oder Nähr- stoffaufnahme oder beim Zuführen von Insulin, wie in der Nicht-Patentliteratur Basu, Ananda et al. „Time lag of Glucose from intravascular to interstitial compartment in humans.“ (Diabetes (2013): DB-131132) beschrieben. Diese Abweichung wird durch einen Diffusionsprozess im das Blut umliegenden Gewebe verursacht, so dass der IG-Wert zeitverzögert und gedämpft dem BG-Wert nachfolgt, was bei- spielsweise in der Nicht-Patentliteratur Rebrin, Kerstin et al. „Subcutaneous Glucose predicts plasma Glucose independent of insulin: implications for continuous monitoring“ (American Journal of Physiology-Endocrinology and Metabolism 277.3 (1999): E561-E571) beschrieben ist.

Auf Grund der beschriebenen Dämpfung und Zeitverzögerung zwischen den beiden Glukose-Konzentrationen, einerseits im Blut BG, andererseits im umgebenden Ge- webe IG, führt eine Kalibrierung des CGM-Systems anhand einer manuellen Be- stimmung der Blutglukosekonzentration, indem beispielsweise ein Bluttropfen aus dem Finger extrahiert und mittels eines externen Messgerätes die Glukosekonzent- ration im Bluttropfen bestimmt wird, zu erheblichen Ungenauigkeiten.

Um eine genaue Kalibrierung des CGM-Systems zu erzielen, muss jedoch der zuvor beschriebene Unterschied zwischen Gewebe-Glukosekonzentration und Blutgluko- sekonzentration berücksichtigt oder zumindest abgeschätzt werden. Hierfür sind verschiedene Verfahren bekannt geworden. Aus der Nicht-Patentliteratur Keenan, D. Barry et al. "Delays in minimally invasive continuous Glucose monitoring devices: a review of current technology.” (Journal of diabetes Science and technology 3.5 (2009): 1207-1214) ist es bekannt geworden, ein zeitversetztes Glukosesignal zur Kalibrierung zu verwenden. Weiterhin ist es aus der Nicht-Patentliteratur Knobbe, Edward J. and Bruce Buckingham ”The extended Kalman filter for continuous Glukose monitoring.” (Diabetes technology & therapeutics 7.1 (2005): 15-27) be- kannt geworden, die Dämpfung und Zeitverzögerung des Diffusionsprozesses von Glukose zwischen Blut und Gewebe mittels eines Kalman-Filters zu kompensieren.

Problematisch hierbei ist jedoch, dass bei mobilen Geräten zur kontinuierlichen Be- stimmung von aktuellen Glukosewerten, deren Rechen- und Energieressourcen be- grenzt sind. Für die Bestimmung der aktuellen Glukosewerte steht also lediglich eine vergleichsweise geringe Rechenleistung gepaart mit begrenzter Energie zur Verfügung, sodass die bisher bekannten Verfahren auf mobilen Geräten nicht oder nur für kurze Zeit ausgeführt werden können, was den Nutzen erheblich ein- schränkt.

Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren, eine Vorrich- tung sowie eine Auswerteeinrichtung anzugeben, welche eine genauere Bestim- mung des Glukosewerts, insbesondere in Blut, ermöglicht bei geringem Ressour- cenaufwand und einfacherer Implementierung.

Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein alternatives Verfahren, eine alternative Vorrichtung sowie eine alternative Auswerteeinrichtung anzugeben.

Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren, eine Vor- richtung sowie eine Auswerteeinrichtung mit einer verbesserten Bestimmung der Blut-Glukosekonzentration in einem Organismus basierend auf einer Messung des interstitiellen Gewebe-Glukosewerts zur Verfügung zu stellen.

In einer Ausführungsform löst die vorliegende Erfindung die vorstehend genannten Aufgaben durch ein Verfahren zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organis- mus, umfassend die Schritte a) Ermitteln mittels einer Sensoreinrichtung einer Messreihe, umfassend zumin- dest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe, b) Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe ba- sierend auf einem Messmodell in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensoreinrichtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Mess- rauschwert zugeordnet werden, c) Bereitstellen zumindest eines Zustandsübergangsmodells, wobei mittels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells den ermittelten Gewebe-Glu- kosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zugeordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts, und d) Schätzen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmo- dells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumin- dest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linea- ren Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle ei- nes Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

In einer weiteren Ausführungsform löst die vorliegende Erfindung die vorstehend genannten Aufgaben durch eine Vorrichtung zum insbesondere kontinuierlichen Be- stimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus, vorzugsweise geeignet zur Durchführung eines Verfahrens ge- mäß einem der Ansprüche 1-15, umfassend eine Sensoreinrichtung, insbesondere zur Messung von Fluoreszenz in einem das Transportfluid umgebenden Gewebe mittels einer Sonde, insbesondere einer poly- meroptischen Fasersonde, ausgebildet zum Ermitteln einer Messreihe, umfassend zumindest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe, eine Bereitstellungseinrichtung, ausgebildet zum Bereitstellen zumindest eines Zu- standsübergangsmodells, wobei mittels des zumindest einen Zustandsübergangs- modells den ermittelten Gewebe-Glukosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zugeordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozess- rauschwerts, und zum Bereitstellen eines Messmodells in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensorein- richtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Messrauschwert zugeordnet werden, und eine Auswerteeinrichtung, ausgebildet zum Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe basierend auf dem Messmodell und zum Schät- zen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmodells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumindest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiter- ten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

In einer weiteren Ausführungsform löst die vorliegende Erfindung die vorstehend genannten Aufgaben durch eine Auswerteeinrichtung zum insbesondere kontinuier- lichen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbeson- dere Blut, eines Organismus, umfassend zumindest eine Schnittstelle zum Anschluss einer Sensoreinrichtung zur Bereitstel- lung von einer Messreihe, umfassend zumindest zwei zeitlich beabstandete Mess- werte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Ge- webe, zumindest einen Speicher zum Speichern zumindest eines Zustandsübergangsmo- dells, wobei den mittels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells ermittel- ten Gewebe-Glukosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zu- geordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts, und zum Speichern eines Messmodells in Form einer linearen oder nichtlinearen Funk- tion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensoreinrichtung Gewebe- Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Messrauschwert zu- geordnet werden, und eine Recheneinrichtung, ausgebildet zum Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts an- hand der ermittelten Messreihe basierend auf dem gespeicherten Messmodell und zum Schätzen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf ei- ner Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmodells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumindest eines Kalman- Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtli- nearen Funktion.

In einer weiteren Ausführungsform löst die vorliegende Erfindung die vorstehend genannten Aufgaben durch ein nichtflüchtiges, computerlesbares Medium zur Spei- cherung von Instruktionen, welche, ausgeführt auf einem Computer bewirken, dass ein Verfahren zum insbesondere kontinuierlichen Bestimmen eines aktuellen Glu- kosewerts in einem Transportfluid, insbesondere Blut, eines Organismus, durchge- führt wird, vorzugsweise geeignet zur Durchführung eines Verfahrens gemäß einem der Ansprüche 1-15, umfassend die Schritte a) Ermitteln, mittels einer Sensoreinrichtung, einer Messreihe, umfassend zu- mindest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Glukose- wert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe, b) Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe ba- sierend auf einem Messmodell in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sensoreinrichtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest einem Mess- rauschwert zugeordnet werden, c) Bereitstellen zumindest eines Zustandsübergangsmodells, wobei mittels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells den ermittelten Gewebe-Glu- kosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transportfluid zugeordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts, und d) Schätzen des aktuellen Glukosewerts in dem Transportfluid basierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmo- dells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumin- dest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion. Mit anderen Worten wird ein Verfahren zur Bestimmung einer Blutglukosekonzent- ration in einem Organismus vorgeschlagen. Dieses weist folgende Verfahrens- schritte auf:

In einem ersten Verfahrensschritt erfolgt ein Aufnehmen einer Messreihe mit zumin- dest zwei zeitlich beabstandeten Sensormesswerten eines interstitiellen Gewebe- Glukosewerts des Gewebes des Organismus mittels eines oder mehrerer Senso- ren.

In einem weiteren Schritt erfolgt ein Bereitstellen eines Mess- oder Sensormodells des Zusammenhangs zwischen den Sensormesswerten und dem Gewebe-Gluko- sewert und ein Bereitstellen eines oder mehrerer Zustandsübergangsmodelle, wel- che Modelle für den Zusammenhang zwischen Gewebe-Glukosewert und Blutglu- kosewert umfassen.

In einem weiteren Verfahrensschritt erfolgt ein Quantifizieren des Blutglukosewertes des Organismus mittels einer Schätzung basierend auf einer Näherung des Zu- standsübergangsmodells und den Gewebe-Glukosewerten, wobei wesentlich ist, dass das Schätzen unter Verwendung zumindest eines Kalman-Filters im Falle ei- nes Messmodells in Form einer linearen Funktion oder unter Verwendung zumin- dest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion erfolgt.

Der Kalman-Filter ist ein erwartungstreuer und konsistenter Schätzer mit minimaler Varianz. Aufgrund dieser Schätzeigenschaften ist der Kalman-Filter ein optimaler linearer Filter. Im Gegensatz zu anderen (rekursiven) linearen Schätzern, die ebenso Fehlerquadrate minimieren, ermöglicht der Kalman-Filter auch die Behand- lung von Problemen mit korrelierten Rauschkomponenten.

Der erweiterte Kaiman-Filter ist eine nichtlineare Erweiterung des oben beschriebe- nen Kalman-Filters. Der erweiterte Kalman-Filter nähert das nichtlineare Problem analytisch basierend auf der nichtlinearen Funktion durch ein lineares Problem an. Die Auswerteeinrichtung kann dabei insbesondere ein Computer, ein integrierter Schaltkreis oder dergleichen sein, der insbesondere zur optimierten Berechnung, beispielsweise der Spur einer Matrix, ausgebildet ist. Vorrichtung und/oder Auswer- teeinrichtung können als tragbares Gerät mit unabhängiger Energiequelle, bei- spielsweise einer Batterie, einem wieder aufladbaren Akku oder dergleichen, aus- gebildet sein, was einen effizienten Betrieb, mithin also den Energieverbrauch zur Durchführung des Verfahrens gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Er- findung möglichst geringhält, um einen möglichst langen Akkubetrieb zu ermögli- chen, was die Nutzererfahrung verbessert. Hierzu sind insbesondere stromspa- rende Prozessoren, Schaltungen, Schaltkreise, Schnittstellen, insbesondere Draht- losschnittstellen und dergleichen einsetzbar. Die Durchführung des Verfahrens kann dabei insbesondere hinsichtlich seiner Parameter, beispielsweise an die zu- grundeliegende Vorrichtung beziehungsweise Auswerteeinrichtung, angepasst werden, beispielsweise hinsichtlich des Auswertehorizonts und/oder des Rausch- horizonts, des Umfangs von Stichproben, der linearen oder nichtlinearen Funktio- nen oder dergleichen, was im Folgenden beschrieben wird, um einerseits eine ge- nügende Genauigkeit, andererseits eine lange Laufzeit zu erreichen.

Einer der mit den Ausführungsformen möglichen erzielbaren Vorteile ist, dass damit eine zeit- und computerressourcen-effiziente Schätzung des aktuellen Glukose- werts im Transportfluid, insbesondere Blut, ermöglicht wird. Darüber hinaus ist ein Vorteil, dass die Flexibilität gegenüber bekannten Verfahren wesentlich erhöht wird, da Beschränkungen auf bestimmte Sensormodelle und/oder Zustandsübergangs- modelle entfallen. Ein weiterer Vorteil ist darüber hinaus, dass nicht nur die Genau- igkeit des aktuellen Glukosewerts erhöht wird, sondern gleichzeitig ebenfalls zu- rückliegende Glukosewerte verbessert werden.

Weitere Merkmale, Vorteile und weitere Ausführungsformen der Erfindung sind im Folgenden beschrieben oder werden dadurch offenbar.

Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden mehrere Zustands- übergangsmodelle bereitgestellt, die in Abhängigkeit des zeitlichen Verlaufs des ge- schätzten aktuellen Glukosewerts, insbesondere dessen zeitlicher Änderungsrate, gewechselt werden. Damit wird insbesondere eine effiziente und gleichzeitig ge- naue Bestimmung des aktuellen Glukosewerts ermöglicht.

Gemäß einerweiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden zumindest zwei Zustandsübergangsmodelle bereitgestellt, wobei eines auf einer konstanten Glukosekonzentration, eines auf einer konstanten Änderung der Glukosekonzent- ration und/oder eines auf einer gewichteten Summe vorheriger Glukosekonzentra- tionen basiert. Dies ermöglicht eine besonders ressourceneffiziente Ermittlung des aktuellen Glukosewerts, da das Zustandsübergangsmodell in Abhängigkeit der Dy- namik des Glukosewerts angepasst werden kann. Überschätzungen und Unter- schätzungen des Glukosewerts im Blut bei Anstieg beziehungsweise Abstieg des Glukosewerts werden so vermieden.

Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden ermittelte Werte mittels zumindest einer Filterfunktion gefiltert, wobei mittels der zumindest einen Filterfunktion Fehler, insbesondere Messfehler der Sensoreinrichtung unter- drücktwerden. Mittels der Filterfunktion können auf einfache Weise fehlerhafte Mes- sungen, beispielsweise Sensorfehler oder Ausreißer bei den Messwerten, aussor- tiert werden, das heißt sie werden bei der weiteren Berechnung des aktuellen Glu- kosewerts nicht berücksichtigt.

Gemäß einerweiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird der zumindest eine Messrauschwert insbesondere regelmäßig, angepasst. Damit wird sicherge- stellt, dass eine effiziente Anpassung der jeweiligen Rauschwerte in insbesondere regelmäßigen Abständen erfolgt, um einerseits eine ausreichende Genauigkeit des aktuellen Glukosewerts, andererseits, um unnötige Anpassungen beziehungsweise Aktualisierungen, die sich nicht oder nur unwesentlich in einer Erhöhung der Ge- nauigkeit des aktuellen Glukosewerts niederschlagen, zu vermeiden.

Gemäß einerweiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung erfolgt zur Anpas- sung des zumindest einen Messrauschwerts eine Bestimmung der Varianz des Messrauschens anhand einer Stichprobe von Messwerten, insbesondere wird diese geschätzt. Ein möglicher Vorteil hiervon ist, dass auf effiziente Weise der Mess- rauschwert angepasst werden kann. Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird mittels eines statistischen Tests, insbesondere eines Kolmogorov-Smirnov-Tests, überprüft, ob die Nullhypothese - die Stichprobe folgt einer mittelwertfreien Gauß-Verteilung mit der ermittelten Varianz des Messrauschens - nicht abgelehnt wird. Einer der damit möglichen Vorteile ist, dass damit auf einfache Weise eine Adaption des Messrau- schens ermöglicht wird.

Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird die Varianz des Messrauschens für zumindest eine weitere Stichprobe von Messwerten be- stimmt, solange die Nullhypothese abgelehnt wird. Ein möglicher Vorteil ist, dass damit auf effiziente Weise eine Anpassung des Messrauschens vorgenommen wird.

Gemäß einerweiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden mittels der zumindest einen Filterfunktion Messwerte hinsichtlich Ausreißern überprüft und Messwerte, die als Ausreißer ermittelt wurden, werden verworfen, insbesondere un- ter Verwendung eines NIS-Tests. Ein möglicher Vorteil ist, dass die Genauigkeit der Bestimmung des aktuellen Glukosewerts weiter verbessert wird.

Gemäß einerweiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden mittels der zumindest einen Filterfunktion die Messwerte auf Über- und/oder Unterschreiten von vorgegebenen Grenzwerten überprüft, bevor diese verworfen werden. Dies stellt eine besonders einfache Möglichkeit dar, Messwerte hinsichtlich Ausreißern zu überprüfen.

Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird ein aktueller Messwert, der nicht als Ausreißer ermittelt wurde, trotzdem als Messfehler verwor- fen, wenn zuvor mindestens eine vorgegebene Anzahl, insbesondere zwei zeitlich aufeinanderfolgende, frühere Messwerte, als Messfehler verworfen wurden. Damit wird eine Störung des Messsystems angenommen, die erst wieder bei Erfüllung aller Bedingungen beziehungsweise Grenzwerte als beendet betrachtet wird. Ein möglicher Vorteil hiervon ist, dass damit die Genauigkeit bei der Bestimmung des aktuellen Glukosewerts weiter verbessert wird. Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung umfasst das Zu- standsübergangsmodell ein Diffusionsmodell zur zeitabhängigen Modellierung des Diffusionsprozesses von Glukose von dem Transportfluid ins umgebende Gewebe. Mittels eines Diffusionsmodells, insbesondere basierend auf einer Diffusions- konstante, ist eine einfache und gleichzeitig wenig rechenintensive Modellierung der Dämpfung und zeitlichen Verzögerung zwischen Glukosewert im Transportfluid, ins- besondere im Blut und Gewebe-Glukosewert, möglich.

Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung werden mehrere frühere Messwerte gefiltert, insbesondere mittels eines „Kalman Fixed Interval Smoothers“. Ein möglicher Vorteil hiervon ist, dass zurückliegende Werte geglättet werden, sodass die Änderungsrate des Blutzuckers und damit die Genauigkeit bei der Bestimmung des aktuellen Glukosewerts verbessert wird.

Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird bei Anwen- dung des „Kalman Fixed Interval Smoothers“ dieser vorwärts und rückwärts durch- laufen, wobei im Vorwärtsdurchlauf eine Kalman-Filterung und im Rückwärtsdurch- lauf eine Anwendung eines RTS-Filters und/oder eines MBF-Filters erfolgt. Dies er- möglicht eine effiziente Anwendung des „Kalman Fixed Interval Smoothers“: So re- duziert der RTS-Filter- oder der „Extended RTS-Filter“ im Falle eines nichtlinearen Messmodells - den Rechenaufwand bei Verwendung eines stationären Zustands- übergangsmodells. Der MBF-Filter reduziert den Rechenaufwand für nicht-statio- näre Zustandsübergangsmodelle.

Gemäß einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird eine Klassifi- zierung des Trends der Blutzuckerkonzentration anhand mehrerer Kategorien vor- genommen, insbesondere anhand von zumindest sieben Kategorien. Damit kann auf einfache und effiziente Weise einem Benutzer der Trend oder der zukünftige Verlauf seines Blutzuckers angezeigt werden.

Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unter- ansprüchen, aus den Zeichnungen und aus der dazugehörigen Figurenbeschrei- bung anhand der Zeichnungen. Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu er- läuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

Bevorzugte Ausführungen und Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung nä- her erläutert. Sämtliche Umformungsschritte von Gleichungen, Annahmen, Lö- sungsverfahren, etc. können separat verwendet werden, ohne den Rahmen der Er- findung zu verlassen.

Dabei zeigen

Fig. 1 in schematischer Form Schritte eines Verfahrens gemäß einer Aus- führungsform der vorliegenden Erfindung; und

Fig. 2 einen Verlauf des Blutzuckers über die Zeit bei Verwendung eines Kal- man-Filters und eines Kalman-Smoothers gemäß einer Ausführungs- form der vorliegenden Erfindung; und

Fig. 3 einen Verlauf des Blutzuckers über die Zeit bei Verwendung eines Kal- man-Filters und eines Kalman-Smoothers gemäß einer Ausführungs- form der vorliegenden Erfindung mit Trendschätzung.

In Figur 1 sind im Detail Schritte eines Verfahrens zum insbesondere kontinuierli- chen Bestimmen eines aktuellen Glukosewerts in einem Transportfluid, insbeson- dere Blut, eines Organismus, zur Ermittlung der Glukosekonzentration im Blut ge- zeigt basierend auf der Verwendung zumindest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder unter Verwendung zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtli- nearen Funktion.

Das Verfahren umfasst dabei die folgenden Schritte: In einem ersten Schritt S1 erfolgt ein Ermitteln mittels einer Sensoreinrichtung einer Messreihe, umfassend zumindest zwei zeitlich beabstandete Messwerte für einen Gewebe-Glukosewert in dem das Transportfluid umgebenden Gewebe.

In einem weiteren Schritt S2 erfolgt ein Ermitteln des Gewebe-Glukosewerts anhand der ermittelten Messreihe basierend auf einem Messmodell in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion, wobei mittels des Messmodells Messwerte der Sen- soreinrichtung Gewebe-Glukosewerten unter Berücksichtigung von zumindest ei- nem Messrauschwert zugeordnet werden.

In einem weiteren Schritt S3 erfolgt ein Bereitstellen zumindest eines Zustandsüber- gangsmodells, wobei mittels des zumindest einen Zustandsübergangsmodells den ermittelten Gewebe-Glukosewerten zumindest ein Glukosewert in dem Transport- fluid zugeordnet wird unter Berücksichtigung zumindest eines Prozessrauschwerts.

In einem weiteren Schritt S4 erfolgt ein Schätzen des aktuellen Glukosewerts ba- sierend auf einer Näherung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangs- modells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumindest eines Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

Mit Bezug auf die Figuren 2 und 3 werden nun im Detail weitere Ausführungsformen der Erfindung erläutert, insbesondere auch die Anwendung unterschiedlicher Filter, die Identifizierung von Ausreißern und dergleichen. Hierbei sind die jeweiligen Merk- male ganz oder teilweise miteinander kombinierbar.

Im Folgenden wird nun die Anwendung des Kalman-Filters beschrieben:

Beim Kalman-Filter handelt es sich um einen Schätzer für dynamische Größen mit Gaußverteiltem Mess- und Prozessrauschen. Des Weiteren wird die Markov-Eigen- schaft, dass jeder Zustand nur von seinem vorherigen Zustand abhängt, gefordert. Jeder Zustandsvektor ist über die Systemmatrix F k , den vorherigen Zustandsvektor x k und dem Prozess- rauschen w k definiert.

Das Prozessrauschen hat allgemein die Kovarianz:

Weiter gilt für den Messvektor mit der Messmatrix H k und dem Messrauschen Für die Kovarianz des Messrau- schens gilt:

Der Filter besteht aus zwei Schritten, einem ersten Prädikationsschritt und einem zweiten Innovationsschritt:

1) Prädiktionsschritt:

Zustandsprädiktion Kovarianz-Prädiktion Messwertprädiktion Messkovarianz-Prädiktion

2) Innovationsschritt Filterverstärkung Zustandsaktualisierung Kovarianzaktualisierung Die Dynamik des Gewebezuckers - also die Veränderung der Konzentration des Zuckers in dem Blutgefäß umliegenden Gewebe - wird durch die Diffusion von Glu- kose aus dem Blut beeinflusst. Die Modellierung der Blutzuckerdynamik erfolgt ins- besondere über die Modellierung mittels Unsicherheiten, da Steuergrößen wie Nah- rungsaufnahme oder Insulinkonzentration nicht bekannt sind.

Eine einfache Möglichkeit ist die Modellierung des Blutzuckers unter der Annahme einer konstanten Blutzuckerkonzentration

Änderungen in der Blutzuckerkonzentration werden dann über die Prozessunsicher- heit w modelliert. Ausgehend davon, dass Störungen, wie zum Beispiel ein Anstieg der Blutzuckerkonzentration aufgrund von Nahrungsaufnahme oder Abnahme durch lnsulingabe/-ausschüttung, Einfluss auf die Blutzuckeränderung haben, erfol- gen gemäß einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung Änderungen in der Blutzuckerkonzentration mittels eines Modells basierend auf einer konstanten Blut- zuckeränderung mit

Störungen werden dabei durch einen Prozessfehler w in der Blutzuckeränderung modelliert.

Für die diskrete Zustandsraumbeschreibung ergibt sich mit und der diskreten Blutzuckeränderung

Wird die Annahme, dass es sich beim Prozessrauschen um unkorreliertes, weißes Rauschen handelt, verletzt, kann eine Erweiterung des Modells erfolgen, um die Voraussetzungen wieder zu erfüllen. Ist der aktuelle Prozessrauschwert mit Pro- zessrauschwerten der Historie korreliert, wird die Markov-Eigenschaft verletzt.

Hinsichtlich der Beschreibung der Blutzuckerdynamik tritt dieser Fall ein, da Blutzu- ckeränderungen nicht sprunghaft auftreten, sondern die Abnahme beziehungs- weise Zunahme des Blutzuckers sich über eine gewisse Dauer bemerkbar machen. Dieses abklingende Verhalten kann in einer weiteren Ausführungsform der vorlie- genden Erfindung durch ein Modell basierend auf einem exponentiellen Abfall mit α <1 der Blutzuckeränderung modelliert werden. Die Zustandsüber- gangsmatrix ergibt sich dann zu und in Näherung (Reihenentwicklung bis k = 1, zur reinen Dämpfung mit In einer weiteren Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann die Dynamik des Blutzuckers anhand eines Autoregressiven Modells (AR-Modell) der Ordnung p erfolgen. Dabei wird der aktuelle Wert durch die gewichtete Summe der vorherigen Werte modelliert. Hierbei ist zu beachten, dass diese Modellierung der Forderung des Kalman-Filters nach Markov-Eigenschaft der Zustände, dass jeder Zustand nur von seinem vorherigen abhängt, widerspricht.

Mit einem Modell 2. Ordnung folgt mit mit c = 0: Wählt man die Parameter α 1 = 2 und α 2 = -1, entspricht das AR-Modell einem konstantem Blutzuckeränderungsmodell mit

Um den Diffusionsprozess von dem Blutzucker im Blut in das umliegende Gewebe und anschließend von dem Gewebe in einen Sensor zu modellieren, wird in einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung der Diffusionsprozess der Glukose aus dem Blut in das Gewebe und anschließend in den Sensor durch eine Betrach- tung als Reihenschaltung der Prozesse zu zusammengefasst. Dabei entspricht g s der Konzentration an Glukose im Sensor und die Zeitkonstante setzt sich aus der Summe der Zeitkonstante der Diffusion von Glukose aus dem Blut in die Gewebeflüssigkeit und von der Gewebeflüssigkeit in dem Sensor zusammen.

Die zeitdiskrete Formulierung mit Abtastung Δt ergibt sich durch Anwenden der Mat- rixexponentialfunktion zu:

Durch Näherung der Exponentialfunktion durch die Reihenentwicklung ( e x = bis k = 1) ergibt sich:

Der Gesamtzustandsvektor setzt sich aus dem Blutzuckerverktor und dem Glukosewert im Sensor g s zu- sammen.

Um den Gewebe-Glukosewert zu ermitteln, werden anhand einer Messreihe basie- rend auf einem Messmodell in Form einer linearen oder nichtlinearen Funktion mit- tels des Messmodells Messwerte des Sensors Gewebe-Glukosewerten unter Be- rücksichtigung von zumindest einem Messrauschwert zugeordnet. Hierfür stehen verschiedene Messmodelle - basierend auf einer linearen Funktion oder einer nicht- linearen Funktion - gemäß Ausführungsformen der Erfindung zur Verfügung. Für ein lineares Messmodell gilt mit der Empfindlichkeit e und dem Offset o z k = (0 0 e) x k + o + v k

Bei Verwendung des nichtlinearen Messmodells, basierend auf einer nichtlinearen Funktion mit schwacher Nichtlinearität, zum Beispiel wird anstelle des Kalman-Filters der Extended Kalman Filter verwendet. Hierfür kann die Mess- matrix H k durch ein Taylor-Polynom 1.Ordnung approximiert werden z k = ( 0 0 e k )x k + o k + v k und

Ein Problem der Blutzuckerschätzung aus kontinuierlichen Messdaten, sogenannte Continuous Glucose Monitoring Daten - kurz CGM-Daten - ist, dass sich Änderun- gen im Blutzucker durch zum Beispiel Nahrungsaufnahme oder Wirkung von Insu- lin, erst mit einer Zeitverzögerung von über 10 Minuten in der Gewebeflüssigkeit bemerkbar machen. Dies ist einerseits physiologisch bedingt. Andererseits wird zu- sätzlich Zeit benötigt, bis dann die Gewebeflüssigkeit in den Sensor zur Messung diffundiert ist. Dies führt dazu, dass bei einer Zunahme des Blutzuckers, der Schätz- wert erst zurückliegt und dann, wenn auch eine Änderung im Gewebezucker auftritt, sehr steil ansteigt, was ein unphysiologisches Verhalten darstellt.

Für einen gewissen Zeitbereich, abhängig von der aufgenommenen Nahrung und der Insulingabe, steigt der Blutzucker anschließend nahezu konstant an, bis die Wir- kung des Insulins einsetzt. Die Änderung nimmt von da an ab, bis der Blutzucker mit nahezu konstanter Geschwindigkeit abnimmt. Für gesunde Menschen ist dieser Vorgang aufgrund des Regelkreises des Körpers gut prädizierbar, für Diabetes-Pa- tienten ist dies ohne das Wissen über die Insulingabe, also insbesondere der Zeit- punkt und insulinspezifischer Größen wie der Wirkzeit, nicht bestimmbar.

Eine weitere Änderung der Blutzuckeränderung tritt dann auf, wenn die Wirkung des Insulins nachlässt. Auch dieser Zeitpunkt ist nur durch zusätzliches Wissen über die Insulinmenge, Wirkdauer etc. bestimmbar. Dies kann zur Folge haben, dass es bei einem Dynamikmodell mit konstanter Blutzuckeränderung zu einem deutlichen Überschätzen des Blutzuckers beim Blutzuckeranstieg und zu einer entsprechen- den Unterschätzung bei der Blutzuckerabnahme kommt.

Eine Reduzierung des Effekts kann durch einen, insbesondere gesteuerten, Wech- sel zwischen den Dynamikmodellen erfolgen. Beispielsweise kann in einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung zwischen einem konstanten Blutzuckeränderungsmodell (constant Rate of Change - cROC) mit Modellierung der Unsicherheit durch Prozessrauschen und einem konstanten Blutzuckermodell (cBZ) in Abhängigkeit bestimmter Parameter hin und her gewech- selt werden:

Ein cBZ-Dynamikmodell wird insbesondere dann gewählt, wenn bei abnehmendem Blutzucker (Rate of Change/Änderungsrate ROC<0) ein vorgebbarer unterer Blut- zuckerwert BZ U unterschritten wird oder wenn bei ansteigender Blutzuckerkonzent- ration ( ROC>0) ein oberer Blutzuckergrenzwert BZ 0 überschritten wird.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird - um die Schätzung des Blutzuckergehalts weiter zu verbessern - eine insbesondere kontinuierliche Anpas- sung des Messrauschens vorgenommen, welches als mittelwertfrei und gaußverteilt angenommen wird. Damit ist es möglich, Varianzen zwischen verschiedenen Sen- soren und die Alterung der Sensoren zu berücksichtigen. Eine Anpassung bezie- hungsweise eine Aktualisierung der Varianzen führt direkt zu einer Änderung, ins- besondere einer Verbesserung, der Qualität der Schätzung des aktuellen Blutzu- ckerwerts. Wird allerdings das Messrauschen zu gering eingeschätzt, führt dies zu einem sehr rauschbehafteten Messsignal und damit zu fehlerhaften Messwerten. Wird andererseits das Messrauschen zu hoch eingeschätzt beziehungsweise das Prozessrauschen zu gering eingeschätzt, führt dies zu einer zeitverzögerten Schät- zung, was ebenfalls die Genauigkeit der Bestimmung des aktuellen Blutzuckerwerts reduziert.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird hierfür zunächst ein un- terer Grenzwert für die Varianz bestimmt. Dieser entspricht der aus physikalischen und technischen Überlegungen resultierenden minimalen Varianz des Messsys- tems. Ein Initialwert für die Messvarianz wird anhand der erwarteten Messvarianz festgelegt. Für die Bestimmung der Varianz des Messrauschens wird zunächst das Rauschen aus einer Messreihe aus N Messwerten und den zugehörigen gefilterten Messwer- ten berechnet, wobei die Filterung der Messwerte mittels eines Kalman-Smoothers er- folgt. Anschließend kann mittels eines Kolmogorow-Smirnow-Tests zum Signifi- kanzniveau α getestet werden, ob die Stichprobe einer mittelwertfreien Verteilung mit der Messvarianz folgt.

Die Varianz wird unabhängig vom Testergebnis durch die Stichprobenvarianz der genannten Stichprobe ersetzt, wobei df der Anzahl an Freiheitsgraden bei der Filterung entspricht.

Wird die Nullhypothese des Kolmogorow-Smirnow-Tests zum Signifikanzniveau α abgelehnt, wird das Rauschen der (nächsten) N Messwerte bestimmt und die Vari- anz jeweils durch die Stichprobenvarianz der Stichprobe ersetzt, solange bis die Nullhypothese nicht mehr abgelehnt wird.

In einerweiteren Ausführungsform werden Ausreißer in den Messwerten detektiert. Für die Ausreißer-Detektion kann der sogenannte „Normalized Innovation Squared- Wert“, kurz NIS-Wert (Konsistenzschätzung), verwendet werden. Bei diesem wird getestet, ob der „Normalized Innovation Squared“ (NIS) mit der Innovation einer X 2 -Verteilung mit dim[z] Freiheits- graden folgt. Dazu wird insbesondere ein einseitiger X 2 -Test zum Signifikanzniveau α durchgeführt (für dim[z] = 1 und α = 0,05 ist r = 7,88).

Modellfehler, beispielsweise ein starker Anstieg, wenn ein Blutzuckeranstieg auch im Gewebesignal auftaucht, können auch zu einer Überschreitung des Grenzwertes führen, so dass Messwerte fälschlicherweise durch den NIS-Test als Ausreißer er- kannt werden. In der Folge werden diese Werte durch den Kalman-Filter gefiltert, obwohl dieses nicht zwingend notwendig ist.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung können daher die Messsig- nale zusätzlich überprüft werden, derart, dass ein Messwert nur dann als Ausreißer identifiziert wird, wenn bestimmte Grenzwerte unter- und/oder überschritten wer- den. Derartige Ausreißer in den Messwerten basieren auf Fehlmessungen, bei- spielsweise verursacht durch Druckschwankungen, welche sich durch eine starke Änderung in der Temperatur bemerkbar machen.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung können auch mehrere aufei- nanderfolgende Fehlmessungen ermittelt werden.

Um diese zu identifizieren kann das folgende Verfahren genutzt werden if (i>1) i = 0; break; eise if (messwerte(k) < untere_grenze | messwerte(k) > obere_grenze) if \\ NIS Test i = 0; continue; eise i ++; break; Somit wird ermöglicht, dass weder Messwerte aufgrund von schlechter Modellbe- schreibung unnötig aussortiert werden, noch Messwerte, bei denen zwar die Grenz- wertbedingung nicht erfüllt ist, aber die Konsistenz des Kalman-Filters gewährleistet ist, fälschlich aussortiert werden. Dies ermöglicht insbesondere eine restriktive Wahl der jeweiligen Grenzwerte. Mit anderen Worten kann damit die Anzahl falsch als Ausreißer klassifizierter Messwerte, insbesondere bedingt durch Modellunsicher- heiten, reduziert werden.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird das folgende Verfahren angewandt: Ist der NIS-Ausreißertest negativ, aber mindestens zwei vorherige Mes- sungen wurden als Messfehler klassifiziert (i > 1), wird von einer Störung des Sys- tems ausgegangen, die erst wieder bei einer Erfüllung der Grenzwerte als beendet betrachtet wird.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird in dem Fall, dass die Grenzwertbedingung(en) erfüllt sind, aber mindestens zwei vorherige Messwerte als Messfehler klassifiziert wurden, der aktuelle Messwert aussortiert. Dies ermög- licht die Berücksichtigung von Relaxationsprozessen. Der Zähler i gemäß obigem Verfahren wird jedoch wieder auf 0 gesetzt.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung wird durch die Näherung der BG-IG-Dynamik die Anzahl der Rechenoperationen reduziert. Da die Kovarianz der Prädiktion symmetrisch ist, kann es ausreichend sein, sechs der neun Einträge zu bestimmen, wodurch zusätzlich Rechenoperationen gespart werden können.

In einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann der Rechenaufwand re- duziert werden, wenn die Zustandsübergangsmatrix, die Messmatrix sowie die Kovarianzmatrix des Prozessrauschens und des Messrauschens über einen Zeit- raum konstant sind, da in diesem Fall die Kovarianzmatrix der Prädiktion gegen konvergiert. Liegt die Änderung des mittleren Matrixelements unterhalb eines Grenzwerts, reduziert sich der Algorithmus auf die Berechnung der Zustands- und Messwertprädiktion sowie des aktualisierten Zustands. Pro Schritt müssen so nur der Prädiktionsschritt und der Innovationsschritt für den Zustand durchgeführt wer- den. Für das Filtern zurückliegender Messwerte wird ein erweiterter Kalman-Filter, hier in Form eines sogenannten „Kalman Fixed Interval Smoothers“, verwendet.

Das Filtern zurückliegender Werte kann neben den möglichen Vorteilen bei der Be- rechnung der Änderungsrate des Blutzuckers ROC und der Verbesserung des Schätzergebnisses auch den Vorteil haben, dass die Daten für die graphische An- zeige verwendet werden können. Je nach Messrauschen des Kalman-Filters ist das Blutzuckersignal relativ verrauscht, was unphysiologisch ist (Kurve 101 der Figur 2). Dies kann nur durch eine konservativere Einstellung der Parameter, also der Vari- anz des Messrauschens, reduziert werden. Damit wird jedoch eine zusätzliche Zeit- verzögerung erzeugt. Durch die Anwendung des Kalman-Smoothers kann jedoch ein glattes Blutzuckersignal (Kurve 102 der Figur 2) ohne zusätzliche Zeitverzöge- rung bereitgestellt werden.

„Kalman Fixed Interval Smoother“ schätzen die Zustände in einem festen, zurück- liegenden Intervall der Länge T aus den Messungen dieses Intervalls. Sie basieren auf der Lösung der „Bayesian Optimal Smoothing“-Gleichungen und bestehen aus Zwei-Durchlauf-Filtern, wobei der Vorwärtsdurchlauf dem Kalman-Filter entspricht. Für die Berechnung der geglätteten Zustände im Intervall der Länge T im Rück- wärtslauf der Zwei-Durchlauf-Filter werden die a-priori und a-posteriori Zustands- schätzungen und Kovarianzen der Prädiktion gespeichert.

Hierzu kann in einer Ausführungsform der vorliegenden Erfindung der sogenannte Rauch-Tung-Striebel (RTS)-Smoother-Filter verwendet werden.

Der RTS-Filter basiert auf den folgenden Filtergleichungen, die für alle n-T<k<n be- rechnet werden mit und den a-priori und a-posteriori Zustandsschätzungen und Kovarianzen der Prädiktion zum Zeitpunkt k. Für die Ini- tialisierung k = n - 1 gilt und was dem aktuellen Schätzwert und Kovarianz der Prädiktion entspricht.

Für ein konstantes Zustandsübergangsmodell und konvergierte Kovarianz der Prä- diktion gilt für die Matrix und Der Rechenauf- wand ist in diesem Fall somit nach einmaliger Berechnung von C k auf die Berech- nung von reduziert.

Für ein nichtlineares Messmodell kann in einer weiteren Ausführungsform der so- genannte Extended-Rauch-Tung-Striebel (ERTS)-Smoother verwendet werden.

In einer weiteren Ausführungsform kann der sogenannte Modified-Bryson-Frazier (MBF)-Smoother verwendet werden. Dieser nutzt ebenfalls die Ergebnisse des Kal- man-Filters im Vorwärtslauf für die Glättung im Rückwärtslauf. Im Gegensatz zum RTS-Smoother wird beim MBF-Smoother nicht die Inverse der Matrix berech- net, was für nicht-stationäre Zustandsübergangsmatrizen oder bei Änderung der Kovarianzmatrizen (also ) zu deutlich weniger Rechenaufwand führt.

Die notwendigen Rechenschritte für den MBF-Filter sind mit C k = F k (I — K k H k ) und den a-priori Zustandsschätzungen und Kovarianzen und sowie der Innovation aus dem Kalman-Filter. Initialisiert wird der MBF-Smoother insbesondere mit und Der MBF-Filter kann insbesondere bei einem Messmodell in Form einer nichtlinea- ren Funktion verwendet werden. Die Approximation des Messmodells erfolgt mittels Taylor-Polynom 1. Ordnung z k = ( 0 0 e k ) x k + o k + v k mit und

Eine möglichst genaue Schätzung des Blutzuckers ist zum einen für die Kalibrierung als auch für die Auswertung der Daten durch einen Arzt relevant. Das Optimieren der Blutzuckerschätzung durch den Kalman-Smoother reduziert insbesondere Über- und Unterschwinger des Blutzuckers, was für die Analyse hyper- und hypogly- kämischer Zustände relevant ist, da diese ansonsten deutlich überschätzt würden (siehe Figur 3).

Bei der Kalibrierung des gesamten Systems anhand von Self-Monitoring of Blood Glucose-Daten, also bei der Blutzuckerselbstmessung SMBG, ist eine genaue Schätzung des Blutzuckers ebenfalls relevant, da Schätzfehler zu einer schlechten Identifikation der Sensorparameter führen. So würde beispielsweise bei einer Ein- Punkt-Kalibrierung mit einem SMBG-Wert und einem korrespondierenden Blutzu- ckerschätzwert zur Identifikation des Offsets im linearen Sensormodell gelten: Eine fehlerhafte Schätzung würde so zu einem Feh- ler von e bei der Bestimmung des Offsets führen.

Einer der möglichen Vorteile der Online-Anwendung des Kalman-Smoothers, also der kontinuierlichen Anwendung gegenüber bekanntem Post-Processing der Daten, liegt bei der Recheneffizienz. Für den Kalman-Smoother werden die letzten T Er- gebnisse des Kalman-Filters benötigt. Bei einem Post-Processing mittels des Kal- man-Smoothers müssten diese erneut bestimmt werden oder komplett gespeichert werden. Andere bekannte Methoden wie die regularisierte Entfaltung sind deutlich rechenaufwendiger.

Bei Änderungen der Blutzuckeränderung, beispielsweise durch Nahrungsaufnahme oder Insulin, also zu den Zeitpunkten, an denen das Dynamik-Modell den Zustand nur grob wiedergeben kann, treten folglich auch größere Schätzfehler auf. Werden diese Daten verwendet, um die mittlere Blutzuckeränderung der letzten m Δt = 10 Minuten zu schätzen, kann dies zu unphysiologischen Werten und verrauschten Ergebnis- sen führen. Durch die verbesserte Schätzung zurückliegender Werte mittels des Kalman-Smoothers kann eine genauere Schätzung der aktuellen Blutzuckerände- rung erfolgen. Die Blutzuckeränderung ROC ergibt sich aus der Differenz des aktu- ellen KF-Blutzuckerschätzwerts und dem gefilterten KS-Blutzuckerwert m Abtast- schritte zurück:

Die aktuelle Blutzuckeränderung wird dem Anwender durch Pfeil-Symbole visuali- siert. Die Einteilung erfolgt dabei zum Beispiel in fünf oder sieben Gruppen (siehe Tabelle und Fig. 3)

In Figur 3 sind einerseits die aufgenommenen Messwerte 200 gezeigt. Ein Vergleich von einem Verlauf des Blutzuckers 201 unter Verwendung eines Kalman-Filters und einem Verlauf des Blutzuckers 202 unter Verwendung eines Kalman-Smoothers zeigt, dass die Schätzung der Änderungsrate ROC mittels des gefilterten Signals eine verbesserte Klassifizierung beziehungsweise einen verbesserten Trend (siehe Bezugszeichen 203 in Figur 3) ermöglicht: Die obere Reihe der Klassifizierung 203 basiert auf dem Blutzuckerverlauf 201 , die mittlere Reihe der Klassifizierung 203 basiert auf dem Blutzuckerverlauf 202 und die untere Reihe auf den Messwerten 201. Die Messwerte 201 repräsentieren hier die venösen Blutzuckerwerte. Diese werden hier mittels eines Messgeräts des Typs YSI 2300 Stat Plus gemessen. Die jeweils eingekreisten Pfeile in der Reihe 203 zeigen die genauere Klassifizierung des Trends mittels des Kalman-Smoothers gegenüber dem Kalman-Filter an.

Zusammenfassend stellt zumindest eine der Ausführungsformen der Erfindung zu- mindest einen der folgenden Vorteile und/oder Merkmale bereit:

- Kompensation der Zeitverzögerung durch Modellierung des Diffusionspro- zesses und Schätzen des aktuellen Glukosewerts basierend auf einer Nähe- rung zumindest eines bereitgestellten Zustandsübergangsmodells und dem ermittelten Gewebe-Glukosewert unter Verwendung zumindest eines Kal- man-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer linearen Funktion oder zumindest eines erweiterten Kalman-Filters im Falle eines Messmodells in Form einer nichtlinearen Funktion.

- Robustheit gegenüber Ausreißern im Messsignal.

- Adaption sich langsam verändernder Modellparamater.

- Effiziente Implementierung gewährleistet hohe Genauigkeit bei geringem Re- chenaufwand.

- Zeit- und recheneffiziente Schätzung des Blutzuckers.

- Adaption von Modellparametern.

- Erhöhung der Robustheit der Schätzung durch die Einführung von Beschrän- kungen.

- Flexibilität hinsichtlich des Messmodells, beispielsweise können sowohl line- are als auch nichtlineare Sensormodelle verwendet werden und gegebenen- falls zwischen diesen je nach Bedarf gewechselt werden.

- Geringer Rechenaufwand zur Schonung der begrenzten Akkulaufzeit.

- Verbesserte Kalibrierung des Systems anhand von SMGB-Messungen. Obwohl die vorliegende Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele be- schrieben wurde, ist sie nicht darauf beschränkt, sondern auf vielfältige Weise mo- difizierbar.

Bezugszeichenliste

101 Blutzucker Kalman-Filter

102 Blutzucker Kalman-Smoother

200 Messwerte

201 Verlauf des Blutzuckers unter Verwendung eines Kalman-Filters

202 Verlauf des Blutzuckers unter Verwendung eines Kalman-Smoothers

203 Klassifizierung/Trend

S1-S4 Verfahrensschritte